Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gefühle nach Slalom
> Bei ihrer schon siebten Ski-WM gewinnt Lena Dürr Bronze. Nach vielen
> Rückschlägen ist dies ihre erste Einzelmedaille. Ein Lohn für
> Beharrlichkeit
Bild: Lena Dürr, die erfolgreichste Skifahrerin, die der Deutsche Skiverband d…
Aus Méribel Elisabeth Schlammerl
Am Abend war Lena Dürr ein letztes Mal gefordert. Es ging noch einmal
hinüber nach Méribel, dorthin, wo ein paar Stunden zuvor ihre Gefühle
verrückt gespielt hatten, wo sie erst ein wenig ernüchtert gewesen war und
dann überglücklich, wo Tränen gekullert waren, weil sie die von allen, auch
von ihr selbst erwartete Medaille geholt hatte. Als am Samstag bei der
Siegerehrung vier Stunden nach Ende des WM-Slaloms endlich Bronze um ihren
Hals baumelte und die kanadische Hymne für die Überraschungssiegerin
Laurence St-Germain gespielt wurde, waren die Emotionen endlich geordnet.
Sie konnte den Moment genießen – und das Bierchen danach.
Es waren bereits ihre siebten Weltmeisterschaften, aber zum ersten Mal ging
Lena Dürr mit dem Wissen an den Start, „um die Medaillen mitfahren zu
können“. In vier der vergangenen fünf Slaloms im Weltcup stand Dürr auf dem
Podest und im letzten der WM sogar ganz oben. In Spindlermühle hatte sie
einen großen Rückstand auf Mikaela Shiffrin aufgeholt, und wenn man das
schon einmal geschafft habe, sagte die 31-Jährige vom SV Germering, „dann
ist es nicht utopisch“, das zu wiederholen.
Auch bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr hatte sie zum
Favoritenkreis gehört. Als Schnellste des ersten Durchgangs nährte sie in
Peking erst recht die Hoffnung auf eine Medaille. Aber sie vergab damals
die gute Ausgangsposition, fiel zurück auf Platz vier. Dieses Mal war sie
Vierte nach dem ersten Lauf – und holte am Ende noch Bronze. „Heute ist der
Tag, an dem ich meine Hundertstel von Olympia im vergangenen Jahr
zurückbekomme.“
## Führungspersönlichkeit
Es hat aber weniger mit Glück zu tun, dass es anders als im letzten Jahr
diesmal geklappt hat, sondern mit der Entwicklung hin zu jener Athletin,
die genau weiß, was zu tun ist. „Ich bin anscheinend an dem Punkt, dass ich
das ganz gut einschätzen kann“, sagte sie. – „Lena ist nicht nur
leistungsmäßig eine Führungsfigur, sondern auch von ihrer Persönlichkeit
her“, sagt Wolfgang Maier, Sportvorstand im Deutschen Skiverband.
Als nach der vergangenen Saison aus dem Team Klagen über den damaligen
Cheftrainer Jürgen Graller kamen, war es Lena Dürr, die die Initiative
ergriff, als Sprecherin die Probleme thematisierte und sich nicht hinter
einer Entscheidung der Sportführung zu verstecken suchte. Schließlich trat
Graller selbst den Rückzug an. Dürr übernahm die Verantwortung, und Maier
fällte eine Entscheidung, die riskant, aber im Sinne der Athleten war. Er
hat den jungen, unerfahrenen Markus Lenz zum Disziplintrainer befördert.
„Ich wusste, die beiden können gut miteinander“, sagte Maier. Natürlich
müsse Lenz noch seinen Stil finden aber: „Man sieht, dass man etwas bewegen
kann, wenn man eine vertrauensvolle Atmosphäre schafft.“
Lena Dürr vergaß nie in den vergangenen beiden Jahren und auch nicht am
Samstag, ihren Erfolg mit der ganzen Mannschaft zu teilen, den Trainern,
den Kolleginnen. „Ich muss jetzt erst einmal weinen“, sagte Dürr, als
während des Interviews hinter ihr Andrea Filser und Jessica Hilzinger
auftauchten. Als sie sich in den Armen lagen, kullerten bei allen drei die
Tränen. Klar, sie denke noch oft an dieses olympische Slalomrennen, hatte
Dürr zuletzt immer wieder gesagt, „aber eher mit einem positiven Gefühl“.
Dass sie in Peking geführt habe nach dem ersten Lauf, sei ihr mehr in
Erinnerung als all das, was danach passierte. „Ich glaube, ich konnte von
dem Tag viel lernen.“
Die vielen Umwege „habe ich in Kauf nehmen müssen, damit ich jetzt hier
gelandet bin“, sagte sie. „Es muss alles so sein, wie es ist.“ Die Zeit v…
knapp vier Jahren, als sie die Saisonvorbereitung selbst organisieren
musste, habe sie geprägt. Maier spricht von einer „absoluten
Win-win-Entscheidung“ damals, die den Wendepunkt in Dürrs Karriere
einleitete.
20 Feb 2023
## AUTOREN
Elisabeth Schlammerl
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.