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# taz.de -- Mediation soll Konflikt um Tierpark lösen
> Die einen wollen einen Zoo, die anderen nur wenige Arten: Im Streit um
> das Wildgehege Klövensteen bei Hamburg versuchen es die Konfliktparteien
> nun mit Gesprächen
Bild: Soll nach dem Wunsch des Bündnisses Natur-Erleben als eine von fünf Art…
Von Jörg Marwedel
Viele Tiere sind derzeit gar nicht zu besichtigen, sie leben im
Betriebshof. Etwa der Uhu, weil die Voliere hinüber ist, ebenso die
Waschbären. „Werner und Willi machen Urlaub“ steht an deren baufälligem
Gehege. Schon seit 2018 tobt eine Art Kulturkampf um Tiere und Natur: Es
geht um die Zukunft des Wildgeheges im Klövensteen, einem 580 Hektar großen
Waldgebiet am westlichen Stadtrand von Hamburg. Zwei Gruppen streiten, wie
das marode Wildgehege erhalten werden kann. Auf Betreiben des Bezirksamtes
Altona haben sie jetzt doch einem Mediationsverfahren zugestimmt.
In zwei Dingen herrscht zwar Einigkeit: dass das Gehege, in dem derzeit
offiziell 14 Tierarten leben, saniert werden muss und auch künftig
kostenlos betreten werden darf. Doch der Unterschied zwischen beiden
Konzepten ist groß.
Das Bündnis Natur-Erleben Klövensteen, das wesentlich von der Nabu-Gruppe
West bestimmt wird, will nur fünf Arten – Wildschweine, Mufflons, Dam,-
Reh- und Rotwild – und „keinen Zoo“, sagt Sprecher Jörn Steppke.
Man kämpfe für eine „kleinere Tierhaltung ohne Käfige, mehr Umweltlernen
für alle und nicht nur für einige Schulklassen“, ergänzt Thure Timmermann.
Kleine Käfige seien nicht mehr zeitgemäß. Durch die ökologische Aufwertung
von Gehegeflächen könnten „nebenbei der Biotopverbund und die Artenvielfalt
verbessert werden“. Außerdem entlaste man so die Staatskasse.
Der Förderverein Klövensteen wolle dagegen einen Zoo betreiben. Und da das
mit städtischen Mitteln schwierig sei, ebne man den Weg für
Kommerzialisierung und Privatisierung, sagt Timmermann.
Dem Förderverein, der von mehreren Stiftungen getragen wird und den auch
die Jägerschaft unterstützt, fällt der sogenannte Masterplan von 2018 auf
die Füße, als man das Wildgehege zum Freizeitpark machen wollte mit
Gastronomie, Kletterpark, Wolfswald und Waldbad. Man wolle jetzt aber
„nichts Gigantisches“, sagt Sprecher Jens-Joachim Sturzenbecher. Doch es
gebe eine Reihe von Argumenten, die gegen die billigere Lösung des
Bündnisses sprechen, die etwa 500.000 Euro für die Grundinstandsetzung
koste, während beim teureren Modell bis zu einer Million investiert werden
müssten.
Sturzenbecher sagt, dass die von Naturschützern abgelehnten Schließzeiten
und ein Zaun um das komplette Gebiet wichtig für das Wild seien. Es seien
schon Wildschweine geklaut, Befreiungsversuche „sogenannter Tierschützer“
unternommen und auch Äpfel mit Rasierklingen benutzt worden. Und bei einer
nächtlichen Ruhestörung sei ein aufgeregtes Damwild-Kalb fast im Teich
ertrunken.
Zudem sei der Ansatz der „interaktiven Naturerfahrung“ laut Sturzenbecher
„nichts für jene Schüler aus bildungsarmen Familien, die noch nie einen
Baum umarmt haben“. Es sei Glück, wenn mal ein Tier an den
Beobachtungsstellen vorbeikäme, die das Bündnis errichten wolle.
Auch das von den Naturschützern geplante Einsparen von Arbeitskräften sei
nicht realistisch. Wildschweine und Rothirsch gelten als „Tiger im
Kleinen“, so Sturzenbecher, als gefährliche Tiere. Deshalb würden laut
Naturschutzgesetz zwei Tierpfleger erforderlich sein, nicht nur einer.
Die vom Förderverein bezahlte Waldpädagogin solle nach dem Willen des
Bündnisses ebenfalls wegfallen, weil sie vermehrt auf ehrenamtliche
Experten setzen wolle. Die aber, so Sturzenbecher, müssten ja auch an
Vormittagen arbeiten, das ginge nur mit Rentnern.
Es gibt noch viele Probleme: Eine Bushaltestelle fehlt ebenso wie
Toiletten, Fahrradständer und erneuerte Parkplätze.
Bis Februar soll die Mediation abgeschlossen sein. Nach dem Ergebnis will
sich die Bezirksversammlung weitgehend richten. Noch haben sich die Gruppen
aber nicht auf einen Mediator geeinigt.
Kürzlich hatten beide Gruppen ein Bürgerbegehren mit jeweils rund 8.000
Unterschriften durchbekommen. Bindend ist das nicht. Gibt es keine
Einigung, wäre der nächste Schritt ein Bürgerentscheid. Der kostet zwischen
200.000 und 300.000 Euro – ein beträchtlicher Teil der
Restaurierungskosten.
1 Dec 2022
## AUTOREN
Jörg Marwedel
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