# taz.de -- Studierende plündern die vegane Mensa | |
> Hamburger Studierende stehlen erneut Essen aus einer ihrer Mensen. Das | |
> Studierendenwerk sieht sich als falschen Adressaten für die Protestaktion | |
Bild: Raubgut: Essen aus der „Blattwerk“-Mensa in Hamburg | |
Von Sebastian Ridder | |
Über 20 Studierende haben am Mittwoch in der veganen Mensa „Blattwerk“ am | |
Campus der Uni Hamburg mehrere Essensportionen gestohlen. Zuvor hatte eine | |
Gruppe Studierender vor dem Gebäude zum Preisboykott aufgerufen. In einer | |
Pressemitteilung bekennt sich das sogenannte Plünderungskollektiv zu dem | |
Vorfall und deklariert ihn als Plünderung im Kontext von Krisen- und | |
Sozialprotest. | |
Der Geschäftsführer des Studierendenwerks Hamburg, Sven Lorenz, empfindet | |
die Aktionen als unfair: „Dieses Vorgehen ist nicht legitim und nicht | |
legal. Als Unterstützer der Studierenden sehen wir uns als der falsche | |
Adressat für diese Proteste.“ Die Sprecherin der Hamburger | |
Wissenschaftsbehörde, Silvie Wemper, verurteilt die Aktionen: „Plünderungen | |
in den Mensen sind inakzeptabel. Sie sind eine illegale und unfaire Form | |
des Protests und schaden letztendlich anderen Studierenden.“ | |
Der zweite Vorsitzende des Asta der Hafencity-Universität, Janis Wegner, | |
möchte zu den Protesten keine Meinung abgeben. Es sei jedoch gut, wenn | |
Aufmerksamkeit auf die finanzielle Lage der Studierenden gerichtet wird. | |
Bereits am zweiten November hatten sich 30 Studierende zu einer spontanen | |
Kundgebung auf dem Campus versammelt, um anschließend Essensportionen aus | |
der Mensa der Universität Hamburg zu klauen. Damals bekannte sich die linke | |
„Gruppe für den organisierten Widerspruch“, kurz Grow, zu der Aktion und | |
bezeichnete sie als „Plünderung“ und „Preisboykott“. Ob eine Verbindung | |
zwischen den beiden Gruppen besteht, ist unklar. | |
Den wirtschaftlichen Schaden des Diebstahls hält Lorenz für durchaus | |
verkraftbar. Die Mensamitarbeiter*innen sollen besonnen auf die | |
Protestaktionen reagiert haben. Bedenklicher sei, dass | |
Mitarbeiter*innen und dort essende Studierende verschreckt worden sein | |
könnten. „Wir müssen nun ein Signal setzen.“ Lorenz betont, dass er nicht | |
eskalierend vorgehen will. „Das hilft keinem in dieser Situation.“ | |
Lorenz zeigt Verständnis für die finanziellen Nöte der Studierenden.Derzeit | |
plane das Studierendenwerk keine Preiserhöhungen, obwohl sich ein Defizit | |
im Haushalt ergebe, da man die gestiegenen Lebensmittelpreise und | |
Heizkosten nicht eins zu eins an die Studierenden weitergebe. Durch kluge | |
Einkaufsplanung spare man derzeit schon, um die Studierenden nicht zu | |
belasten. Der Senat habe außerdem einen Defizitausgleich für das | |
Studierendenwerk in Aussicht gestellt. | |
Zuletzt waren die Mensapreise im August erhöht worden. Eine weitere | |
Steigerung lehnte wenig später die Wissenschaftsbehörde ab. Asta-Vize | |
Wegner wünscht sich nun, dass die Stadt den Mensapreis durch höhere | |
Zuschüsse drückt. „Wenn dadurch das Essen um 50 Cent pro Portion billiger | |
würde, wäre schon etwas getan“, sagt er. | |
Schließlich hätten die Studierenden der Hafencity-Universität bisher weder | |
die Rückzahlungen aus dem Semesterbeitrag wegen des Neun-Euro-Tickets noch | |
die Soforthilfe der Bundesregierung erhalten. Der Asta fordere zudem, dass | |
das Semesterticket angesichts des geplanten Deutschlandtickets künftig | |
vergünstigt wird. | |
Lorenz sieht als besten Weg zu einer umfangreichen Entlastung Studierender | |
eine dynamischere Anpassung der Bafög-Sätze. Noch zum Wintersemester hatte | |
der Bund die Bafög-Zahlungen erhöht, jedoch nicht ausreichend, wie der | |
stellvertretende Abteilungsleiter Studienfinanzierung des | |
Studierendenwerks, Michael Liebert, meint: „Es ist kein Geheimnis, dass die | |
Bedarfssätze nicht angemessen sind. Zwischen 2010 und 2016 gab es dort | |
keine Anhebung und nun gibt es großen Nachholbedarf.“ Auch der | |
Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Matthias Anbuhl, fordert | |
regelmäßige Anpassungen. „Die Bundesregierung reagiert mit Soforthilfen, | |
aber wir brauchen beim Bafög eine strukturelle Reform.“ | |
2 Dec 2022 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Ridder | |
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