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# taz.de -- Der Willkür ausgesetzt
> Behörden verhalten sich häufig diskriminierend gegenüber Sinti*zze und
> Romn*ja. Das bestätigt nun eine Studie
Von Julian Csép
Milena Ademović kennt die Probleme der Sinti*zze und Rom*nja aus eigener
Anschauung. „Es ist erschreckend, wie diskriminierend Behörden gegenüber
Sinti*zze und Rom*nja agieren“, sagt die Sozialarbeiterin, die für den
Verein „Kulturen im Kiez“ arbeitet und selbst Romnja ist. „Es fängt schon
damit an, dass die Ämter keinen Dolmetscher zur Verfügung stellen. Das hat
durchaus Kalkül, denn je schwieriger die Antragstellung, desto länger
dauert es bis zur Bewilligung der Sozialleistungen“, sagt sie.
Hinzu komme, dass Berliner Behörden oft Dokumente anforderten, die schwer
oder überhaupt nicht zu erbringen seien – und oft für den Antrag gar nicht
gebraucht würden. „Vor ein paar Tagen bekam eine alleinerziehende Klientin
von mir eine Absage für ihren Wohnberechtigungsschein. Der Grund: sie
konnte keine Vaterschaftsanerkennung vorlegen“, sagt Ademović. „Das ist
ganz klar Antiziganismus, der von den Behörden ausgeht.“ Besonders
auffällig sei, „dass Sinti*zze und Romn*ja in Begleitung eine*r
Sozialarbeiter*in aus unserem Verein mit vielen dieser Probleme gar
nicht erst belastet werden“, sagt Ademović.
Von solchen Problemen weiß auch der Soziologe Tobias Neuburger zu
berichten. Gemeinsam mit Ademović sitzt er am Dienstagabend in der
Volksbühne auf einem Podium, um über Antiziganismus in Behörden zu
sprechen. Neuburger hat für die Leibniz Universität Hannover
institutionellen Antiziganismus untersucht. Die drei wichtigsten
Erkenntnisse der Studie seien, dass dadurch erstens Sinti*zze und
Rom*nja das Recht auf ein würdevolles Leben verwehrt werde. Zweitens gebe
es nur wenige Institutionen, die sich für ihre Rechte stark machen. Und
drittens würden sie immer noch dem Stigmata der Erschleichung von
Sozialleistungen unterliegen. „Gerade der letzte Punkt ist ein wichtiger
Fakt, wenn es um die Unterscheidung von Rassismus und Antiziganismus geht“,
sagt Neubauer. „Denn die Community der Rom*nja und Sinti*zze hat immer
noch mit spezifischen Vorurteilen zu kämpfen.“ Neubauer hat seine Studie in
einer westdeutschen Stadt durchgeführt, welche es ist, sagt er allerdings
nicht, da er den Teilnehmer*innen Anonymität zugesagt habe.
Zum Ende der Diskussion meldet sich ein junger Mann zu Wort, er sei Rom und
musste des Öfteren unter behördlichem Antiziganismus leiden, sagt er. „Was
fängt der Staat mit diesen Informationen an und inwieweit wird gegen diese
Probleme vorgegangen?“, fragt er. Die Antwort kommt prompt und direkt von
Saraya Gomis, Staatssekretärin für Vielfalt und Antidiskriminierung in
Berlin. „Mit Mitarbeiter*innen von Behörden nur Schulungen zum Thema
Antiziganismus zu machen, damit ist es nicht allein getan“, sagt sie. „Es
muss genau geschaut werden, wie wir bestimmte Fristen verlängern und den
Sinti*zze und Rom*nja die Antragstellung so verständlich wie möglich
darlegen“, sagt sie.
1 Dec 2022
## AUTOREN
Julian Csép
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