# taz.de -- Anne HaemingDer Wochenendkrimi: Tierschutzgegner und Traditionstüm… | |
Falls Sie auch kurz verwirrt sind, wieso am Sonntagabend nur uralte | |
Münster-„Tatort“-Kamellen im Programm stehen: Glückwunsch, Sie sind | |
ebenfalls so fest im WM-Boykott verankert, dass Sie a) die | |
Fernsehkonsequenzen dieses unsäglichen Spektakels verdrängt haben und b) | |
nicht mal wissen, dass an jenem Abend Deutschland und Spanien im | |
Männerfußball gegeneinander antreten. Gern geschehen. Das ZDF überträgt, | |
die ARD glaubt offenbar nicht an TV-Boykott und gibt, siehe oben, gleich | |
auf, ZDFneo pflastert breitbeinig den gesamten Tag zu mit | |
„Schwarzwaldklinik“ und „Das Erbe der Guldenburgs“. | |
Aber wir hier auf dem Wochenendkrimi-Kolumnenplatz kommen ja quasi direkt | |
aus der Saure-Gurken-Sommerpause und sind daher im Training, die | |
Krimiunterhaltungen in Mediatheken und an anderen Orten außerhalb des | |
linearen Fernsehens zu finden. Die Alternative, hier ist sie: „Trom – | |
Tödliche Klippen“, eine neuere dänische Krimiserie, sechs Folgen, zu sehen | |
in der Arte-Mediathek. | |
Schon das Setting ist eins a krimigeeignet: Färöerinseln bei trübem | |
Mützenwetter, also überschaubare Community, schlechte Sicht und gefährliche | |
Abgründe ringsum. Ein Ort, an dem Walfang so selbstverständlich ist, dass | |
alle Gegner wissen sollten, was sie tun. So erzählt es zumindest „Trom“ | |
(Regie: Kasper Barfoed; Buch: Donna Sharpe, Torfinnur Jákupsson) – und | |
kredenzt gleich zum Auftakt zwei Opfer von Mordanschlägen. | |
Eine ist die Umweltaktivistin Sonja. Ihr Vater ist ausgerechnet | |
Investigativjournalist Hannis Martinsson, gespielt von keinem Geringeren | |
als Ulrich Thomsen (für die Älteren unter uns: legendär als „Christian“ … | |
Vinterbergs „Das Fest“). | |
Martinsson kommt also extra zurück auf die Färöer, um zu recherchieren, was | |
passiert ist, und gerät in eine brutal aufgeladene Situation. Da sind zum | |
einen alte Bekanntschaften und Familiennetze, alle fest dem Walfang | |
verbunden; und zum anderen die ermittelnde Kommissarin Maria Rich (Karla | |
Mohr), die schnell selbst in das Ganze verwickelt ist, was natürlich ein | |
wenig an „Broadchurch“ (mit der brillanten Olivia Colman, lange vor ihrer | |
Oscarzeit) erinnert, aber egal. | |
Die Zeit drängt, andere Mordversuche scheinen möglich, zu viele haben ein | |
Interesse, dass alles bleibt, wie’s ist. Kurz: Familienabgründe, | |
Umweltproteste, Tierschutzgegner, Wirtschaftsinteressen und | |
Traditionstümelei, schön explosiv gebündelt auf kleinstem Raum. | |
Sagen wir mal so: Gewöhnt an die Ermittlungshetze der 90-Minuten-Strecken | |
von „Polizeiruf“, „Tatort“ und Co wie an die orchestrierte | |
Spannungstaktung von Krimimehrteilern, beschleicht einen zwischendurch das | |
Gefühl, das Ganze ließe sich nun also wirklich auch ein bisschen schneller | |
erzählen; die Ausstrahlung der Haupfiguren bleibt auch eher mau. Aber hey, | |
die Story ist besser als die meisten „Tatorte“, die Landschaft sowieso. Von | |
der aktuellen Alternative gar nicht zu reden. | |
Kurz vorgerechnet: Ein Serienteil dauert 40 Minuten. Also ein Fußballspiel | |
plus Pause plus Nachspielzeit, ach, vier Folgen sind da locker drin. Wem | |
das noch nicht reicht fürs Schwerverbrecherpensum, kann ja in der | |
ARD-Mediathek nachlegen: mit der Doku „WM der Schande“. Krimineller geht’s | |
eh kaum. | |
„Trom – Tödliche Klippen“, sechs Folgen in der Arte-Mediathek | |
26 Nov 2022 | |
## AUTOREN | |
Anne Haeming | |
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