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# taz.de -- das wird: „Gehen ist das neue Nichtrauchen“
> Der Spaziergangsforscher Bertram Weisshaar spricht über die Vorzüge des
> Fußverkehrs
Interview Matthias Propach
taz: Herr Weisshaar, was ist das Besondere am Spazierengehen?
Bertram Weisshaar: Das Besondere am Spazierengehen ist, dass wir draußen
mit allen Sinnen in der Welt sind und uns mit unseren eigenen Beinen
selbstständig fortbewegen, ohne dass wir irgendein Zeug dafür benötigen.
Wie sind Sie zu dem Thema gekommen?
Ich hatte in Kassel Stadt- und Landschaftsplanung studiert. Da spielt
Mobilität und Straßengestaltung eine wichtige Rolle. Damals gab es auch ein
Seminar über die Spaziergangswissenschaft von Lucius Burckhardt. Das war
damals eine wichtige Inspiration.
Was passiert mit uns beim Spazierengehen?
Man lässt den Schreibtisch hinter sich oder die wirtschaftlichen
Tätigkeiten. Man nimmt sich eine Auszeit von den sonstigen Verpflichtungen
des Tages. Man kann während des Spazierens nicht arbeiten, aber man kann
verarbeiten, den Kopf frei kriegen. Während des ersten Lockdowns war das
Land ein Land der Geher und Denker.
Mit was setzt sich die Spaziergangsforschung auseinander?
Im Kern fragt sie danach, wie wir die Welt erfahren und wahrnehmen und
begreifen, wenn wir sie zu Fuß erleben, anstatt in einem Fahrzeug. Es geht
dabei auch um die Perspektive der alleinerziehenden Eltern mit Kinderwagen
und einem zweiten Kind an der Hand, Menschen mit Mobilitätseinschränkungen
oder Senioren, die einfach langsamer in ihren Reaktionen sind, aber an den
Ampeln mit derselben Grünphase konfrontiert werden.
Wie steht es um den Spaziergänger in den deutschen Städten?
Es wird besser. Zum einen gab es Anfang diesen Jahres eine Umfrage der
Versicherung DKV. Da war die Aussage, dass weit über 50 Prozent der
Befragten angeben, mehr Wege zu Fuß zu absolvieren als noch 2019.
Jahrzehnte war das Radfahren der leuchtende Stern, der alles überstrahlt
hat. Mehr und mehr wird begriffen, dass eigentlich das Gehen das neue
Nichtrauchen ist.
Wird in der Mobilitätswende der Spaziergänger genug beachtet?
Bei Weitem nicht, aber immerhin: Es ist der erste Koalitionsvertrag, in dem
überhaupt mal das Wort „Fußverkehr“ als Forderung gefallen ist. Ein paar
zentrale Punkte sind beispielsweise, den Kommunen mehr Freiheit zu geben,
Tempo 30 anzuordnen, es zu erleichtern, Fußgängerüberwege anzuordnen oder
Gehwege zu verbreitern.
27 Oct 2022
## AUTOREN
Matthias Propach
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