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# taz.de -- berliner szenen: Tierchen schaut Mensch an
Neulich spazierte ich einen Weg entlang, zwischen Treptow und Kreuzberg. Da
raschelte es: Ein Eichhörnchen krabbelte eine Bretterwand runter, hielt
inne, guckte. Wollte wohl wissen, ob ich ein Risiko war. Denn ich ging ja
nun gerade ebenjenen Weg lang, den es anscheinend gerade überqueren wollte.
Ich blieb auch stehen, abrupt, wie wenn man bei einem Video auf „Stop“
drückt. Guckte zurück. Es war ein Moment gegenseitiger Wahrnehmung und
Einordnung, fast meditativ, würde ich sagen.
Dann aber drückte das Eichhörnchen wieder die „Play“-Taste und flitzte die
Bretterwand ganz runter. Sodann vor mir quer über den Weg und auf der
anderen Seite gleich wieder hoch, diesmal auf einen Baum. Dort saß ein
Spatz, der das Eichhörnchen bemerkte und ihm nachflog. Zwischendurch
blieben beide stehen. Vielleicht hatten die beiden da auch solche
meditativen Wahrnehmungsmomente oder so. Kurz darauf ging’s bei Spatz und
Nagetier weiter: Das Eichhörnchen flitzte, der Vogel flatterte hinterher.
Es war, als würden zwei Kinder Fangen spielen. Drollig, sehr, sehr drollig.
Da erinnerte ich mich an die Abiturklassen aus Italien, von denen ich
früher so vielen Berlin zeigte, als Guide. Die Jugendlichen waren in diesem
Alter, wo man zwar irgendwie schon erwachsen ist, aber gleichzeitig noch
Kind. Sie flippten aus, wenn sie am Sony-Center diese Lego-Giraffe im
Maßstab 1:1 entdeckten. Oder wenn es irgendwo knallsüß-bunte Süßigkeiten
gab. Besonders groß aber war der Aufruhr, wenn sie im Tiergarten ein
Eichhörnchen huschen sahen.
Da gab’s kein Halten mehr, die Begeisterung war immens. Verzückt jauchzten
die Kinder-Erwachsenen: „Ooooh, ein Eichhörnchen, guckt mal …“ Vielleicht
hat das ja auch jener Spatz gedacht. Giuseppe Pitronaci
9 Sep 2022
## AUTOREN
Giuseppe Pitronaci
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