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# taz.de -- Qiu vadis?
> Im deutschen Tischtennis vollzieht sich ein Generationenwechsel:Nina
> Mittelham löst Shan Xiaona ab und Dang Qiu Altmeister Timo Boll
Bild: Penholder-Profi: Wang Qiu schwingt durch
Aus München Maik Rosner
Den Ritterschlag erhalten hatte der deutsche Tischtennisspieler Dang Qiu
schon lange vor seinem Europameisterschafts-Finale am Sonntagnachmittag in
München gegen den Slowenen Darko Jorgic. Der entthronte Altmeister Timo
Boll, 41, lobte seinen 16 Jahre jüngeren Kollegen Qiu in den höchsten
Tönen, nachdem dieser ihn mit einem 4:0 in nur 28 Minuten im Viertelfinale
regelrecht deklassiert hatte. Im ersten Satz habe er „vielleicht eine
kleine Chance“ gehabt, sagte Boll, „aber danach war er einfach sehr
dominierend. Das muss ich dann auch anerkennen.“
Sein Vereinskollege von Borussia Düsseldorf sei „einfach super stark
geworden in den letzten ein, zwei Jahren. Respekt für seine Leistung und
dass er das auch eiskalt runtergespielt hat“, sagte Boll, „ich habe es
nicht geschafft, ihn in Bedrängnis zu bringen. Da muss ich auf einem
anderen Level agieren, um ihn noch zu gefährden.“
Es lohnte sich, bei Bolls Aussagen über Qiu genau hinzuhören. Denn dort
sprach ja der mit Abstand erfolgreichste deutsche Tischtennisspieler der
Geschichte, der Rekord-Europameister mit acht Titelgewinnen und der
ehemalige Weltranglistenerste, über den Emporkömmling. Dieser wuchs in
einer Tischtennisfamilie auf, Mutter und Vater spielten für Chinas
Nationalteam. Und obwohl ihm der Vater davon abriet, spielt Qiu als erster
deutscher Nationalspieler mit dem Penholder-Griff.
Inzwischen macht der Junior auch international so richtig auf sich
aufmerksam. Im Februar 2020 war der in Nürtingen geborene Qiu erstmals in
die Top 50 der Weltrangliste aufgestiegen. 2021 hatte er mit Nina Mittelham
vom TTC Berlin Eastside den EM-Titel im Mixed Doppel gewonnen. In diesem
Wettbewerb waren Qiu und Mittelham nun im Rahmen der European Championships
zwar im Achtelfinale ausgeschieden. Dafür aber zogen sie in ihren
Einzel-Wettwerben jeweils ins Finale ein.
Mittelham hatte sich im Halbfinale gegen die Düsseldorferin Shan Xiaona,
39, souverän mit 4:1-Sätzen durchgesetzt. Qiu war mit einem ebenso
beeindruckenden 4:1 gegen den Weltmeister im Doppel, Mattias Falck aus
Schweden, ins Finale gestürmt. „Mission Gold hört sich schon mal super an
für mich. Ich versuche das so anzugehen wie jedes andere Spiel auch“, sagte
Qiu in der ARD, „ein EM-Finale ist schon etwas anderes, aber am Ende ist es
Tischtennis.“ Wenn man so will, klang Qiu nach Sturm und Dang. Das passte
ins übergeordnete Bild. In der Weltrangliste der zurückliegenden 33.
Kalenderwoche stand er zwischen den deutschen Kollegen Patrick Franziska
und Boll bereits auf Platz 13.
Die Erfolge von Qiu und Mittelham bei der EM in München deuten einen
Generationswechsel im deutschen Tischtennis an, zumindest in Bezug auf Timo
Boll und Shan Xiaona, die in ihrer Karriere vier Goldmedaillen bei
Europameisterschaften gewonnen hat.
Aus dem EM-Turnier in München hatten sich zudem Franziska, 30, vom 1. FC
Saarbrücken im Achtelfinale und Dimitrij Ovtcharov, 33, vom TTC Neu-Ulm im
Viertelfinale verabschiedet. Dass weder Boll noch Ovtcharov eine
EM-Einzelmedaille gewann, das gab es zuletzt vor 17 Jahren. Bei den Frauen
errang Sabine Winter, 29, vom TSV Schwabhausen, Bronze.
Und Boll? Er freue sich schon wieder auf das Training mit Qiu, sagte er.
Ans Aufhören denke er noch lange nicht. „Mir macht Tischtennis immer noch
so viel Spaß, ich probiere sogar noch, mich für Paris zu qualifizieren“,
blickte Boll bereits bis Olympia 2024 voraus. Bei ihm scheint es
tatsächlich vor allem um die Freude am Tischtennis zu gehen, Druck macht er
sich offenbar nicht. „Wenn’s klappt, ist super, dann freue ich mich. Wenn
nicht, ist auch nicht schlimm“, sagte Timo Boll über seine Olympia-Pläne.
Es wäre seine siebte Teilnahme an Olympischen Spielen, mit dann 43 Jahren.
22 Aug 2022
## AUTOREN
Maik Rosner
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