# taz.de -- Zu hürdenreich zum Mitspielen | |
> Der Bremer Sozialverband fordert, dass mehr Spielplätze barrierefrei | |
> werden sollen. Die Stadt findet das zwar auch, doch verweist darauf, | |
> schon deutlich mehr Geld zu investieren | |
Bild: 320 öffentliche Spielplätze gibt es in Bremen – nur rund 180 davon ha… | |
Von Hannah Reupert | |
Der Bremer Sozialverband (SoVD) fordert von der Stadt mehr Mittel für den | |
Ausbau barrierefreier Spielplätze. Fast die Hälfte der Spielplätze sei | |
überhaupt nicht barrierefrei: Von rund 320 öffentlich zugänglichen | |
Spielplätzen hätten nur rund 180 mindestens ein barrierefreies | |
Spielelement. „Das reicht nicht aus“, sagt nun Klaus Möhle, der im Vorstand | |
des SoVD sitzt. Er betont die Wichtigkeit von Spielplätzen als soziale | |
Begegnungsstätte für Kinder. | |
Auch der Bremer Landesbehindertenbeauftrage Arne Frankenstein ist der | |
Ansicht, dass Kinder mit und ohne Behinderung ihre Lebenswelten in der | |
Freizeit teilen sollen. Schließlich ist Inklusion auch schon in der Kita | |
und Schule rechtlich verpflichtend. Wenn es nachmittags aber zusammen zum | |
Spielplatz geht und das Angebot dann nicht gleichberechtigt genutzt werden | |
kann, sei das ein Widerspruch. | |
Auf dem Spielplatz meint Gleichberechtigung etwa: Brücken und Rampen sollen | |
breit genug für Rollstühle sein und es sollte auch Nestschaukeln für Kinder | |
geben, die nicht allein sitzen können. | |
Frankenstein betont, dass barrierefreie Spielplätze nicht nur die Kinder | |
betreffen, sondern auch die Großeltern und Eltern, die nicht der | |
leichtfüßigen Norm entsprechen. „Wenn ich als Papa im Rollstuhl auf einem | |
Spielplatz unterwegs bin, wird es problematisch, wenn es nur Sandflächen | |
gibt“, sagt Frankenstein. So komme der Vater nicht an Schaukel oder Rutsche | |
heran. | |
Dabei gibt es längst Richtlinien zur barrierefreien Gestaltung. Sie geben | |
etwa vor, dass bei Sanierungen und Umbauten von Spielplätzen die | |
Barrierefreiheit geprüft werden muss. | |
„Bei der Entwicklung von Spielplätzen gibt es tolle Ideen für | |
gestalterische Elemente, aber die Barrierefreiheit wird zu spät | |
mitgedacht“, sagt Frankenstein. Daher brauche es einen eigenen Finanztopf, | |
um systematisch Barrieren abzubauen: „Das wäre zumindest ein gutes Signal“, | |
sagt Frankenstein. | |
Peter Schraml ist Architekt und betreibt das Architekturbüro „Massstab | |
Mensch“, das Kommunen zu Barrierefreiheit und Sicherheit auf Spielplätzen | |
berät. Er bemängelt die fehlende Vielfalt der Spielplätze: Die Geräte | |
sollten nicht zwingend für alle Personen gleichermaßen nutzbar sein, es | |
müsse vielmehr eine Vielfalt auf Spielplätzen sein, sodass jede*r ein | |
Spielgerät für sich finden kann. | |
Schraml entwickelt derzeit eine Inklusionsmatrix gemeinsam mit dem | |
Normungsarbeitskreis für Spielplatzgeräte. „Wir haben den Spieß umgedreht | |
und uns nicht auf die Behinderung konzentriert, sondern auf die | |
unterschiedlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die jeder Mensch hat“, sagt | |
Schraml. Aus diesem Gedanken entsteht derzeit ein Leitfaden, der bei | |
inklusiven Spielplätzen berücksichtigt werden soll. | |
Der Fehlgedanke sei meist: Es reicht aus, einfach ein spezielles Gerät auf | |
den Spielplatz zu stellen und dann zu denken, er sei inklusiv. Dabei seien | |
Spielplätze oft auch noch wie ein Sportplatz angelegt. „Spielen ist aber | |
ohne Selbstzweck“, sagt er. | |
Ein Sprecher des zuständigen Bremer Amts für Soziales erklärt, dass das Amt | |
bei den Neusanierungen der Spielplätze auf größtmögliche Barrierefreiheit | |
achtet. Allerdings sei die komplette Barrierefreiheit nicht sofort | |
umsetzbar. Das jährliche Budget für die Sanierung und Neugestaltung von | |
Spielplätzen sei aber massiv ausgeweitet worden – von 325.000 Euro für das | |
Jahr 2016 auf nun 1,5 Millionen pro Jahr. Diese Summe zu erreichen sei ein | |
großer Erfolg. | |
Notwendig sei das aufgestockte Budget auch deshalb, weil Nachholbedarf | |
besteht: Barrierefreiheit habe früher generell im öffentlichen Raum zu | |
wenig Beachtung gefunden. Ziel der Bremer Strategie für Inklusion auf | |
Spielplätzen sei die Schaffung multifunktionaler Elemente, die für alle | |
nutzbar sind. | |
Das hält Frankenstein für richtig: Ein Angebot, das verschiedene Gruppen | |
nutzen können, sei optimal – nicht dagegen ein Sonderbereich, so | |
Frankenstein, „wo die behinderten Kinder hin müssen“. Es geht um | |
gleichberechtigte Teilhabe. Ein gutes Beispiel sei die mit dem Rollstuhl | |
unterfahrbare Sandspielgelegenheit, die direkt an den großen Sandkasten | |
angrenzt, sodass alle Kinder sich gemeinsam beteiligen können. | |
5 Aug 2022 | |
## AUTOREN | |
Hannah Reupert | |
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