# taz.de -- Nicht nurein bisschen wie ganz große Oper | |
> Pomp und Pathos: Iron Maiden spielt in Bremen | |
Von Andreas Schnell | |
Sie kennen das: Wenn eine Band seit Jahrzehnten im Geschäft ist, schleicht | |
sich mit der Zeit oft eine gewisse Redundanz ein. Treue Fans kaufen zwar | |
unverzagt auch neuere Alben, aber eigentlich und vor allem auf Konzerten | |
geht es dann eben doch um das erprobte Repertoire, also die Klassiker. Wenn | |
es dann auch noch um Heavy Metal geht, stehen stets Pomp und Pathos auf dem | |
Programm, und gestorben wird zumindest in den Texten zuverlässig – kurz: | |
Eigentlich ist es nicht nur ein bisschen wie in der großen Oper. Und die | |
Band, die das wahrscheinlich am vollendetsten verkörpert, ist die britische | |
Band Iron Maiden. | |
Vor 40 Jahren, in Pop-Zyklen gedacht also vor einer halben Ewigkeit, | |
erschien „The Number Of The Beast“, das erste Album der Band mit | |
Heldentenor Bruce Dickinson. Es war der Beginn einer wunderbaren | |
Weltkarriere und ein Album, das das Metal-Genre mit ausgefuchsten | |
Kompositionen, technischer Virtuosität und Texten um Krieg, Geschichte und | |
Mythologie ganz wesentlich formte. Nicht zuletzt stehen Maiden, wie Fans | |
sie schlicht nennen, für die Abkehr vom Blues, dem noch die Väter des | |
Genres wie Black Sabbath und Deep Purple ausgiebig huldigten, hin zu | |
klassischen Skalen und Harmonien. Dazu wird dann so hingebungsvoll wie | |
virtuos gegniedelt, während Heldentenor Bruce Dickinson vom unaufhaltbaren | |
Untergang singt. | |
Was seither geschah, ist kein Geheimnis, aber im Grunde auch nicht so | |
wichtig: Zwischendurch war Dickinson ein paar Jahre ausgestiegen – was | |
beiden Parteien nicht besonders gut tat. Seit 1999 ist er wieder dabei, und | |
Iron Maiden sind längst zu einer scheinbar unzerstörbaren Marke geworden. | |
Neue Platten bräuchte es da eigentlich gar nicht. Allerdings ist „Senjutsu“ | |
(was auf Japanisch wohl etwas wie Strategie und Taktik bedeutet), das im | |
vergangenen Jahr erschienene, mittlerweile 17. Studioalbum der Band, alles | |
andere als übel. Es entwickelt das musikalische Konzept behutsam weiter, | |
bewahrt dabei aber den Markenkern: Die Stücke sind gewohnt episch, wenn | |
nicht noch epischer als früher, während Dickinsons würdevoll gealterte | |
Stimme (immerhin ist er beinahe 64 Jahre alt) von Weltenbränden kündet. | |
Aber am Ende ist es dann wohl doch wie in der Oper: Das große Publikum | |
kommt vor allem der Klassiker wegen, das zeitgenössische Repertoire bleibt | |
eher Liebhaber*innen vorbehalten, auch wenn es bei Iron Maiden die | |
tonale Welt dann doch nicht von den Füßen auf den Kopf stellt. | |
Allerdings: Noch etwas ist anders. Während sich die Theaterwelt seit Jahren | |
Gedanken macht, wie sie das Musiktheater zukunftsfähig machen kann, scheint | |
die Welt des Heavy Metal eine heile zu sein: Die 35.000 Karten für das | |
ursprünglich schon für 2020 geplante und zweimal verschobene Bremer Konzert | |
von Iron Maiden, sind seit Langem ausverkauft. | |
20 Jul 2022 | |
## AUTOREN | |
Andreas Schnell | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |