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# taz.de -- hochgefahren: Was befähigt Menschen eigentlich zum Fahrlehrer?
Fahrschulerfahrungen sind oft irgendwie bizarr oder lustig. Doch immer
wieder klingen grenzüberschreitende Fälle durch. Erst Anfang Juni gab das
Verwaltungsgericht Göttingen der Stadt Recht, nachdem ein Fahrlehrer
geklagt hatte. Ihm wurde wegen mehrerer sexueller Übergriffe 2019 die
Berufserlaubnis entzogen. Das ist das empörende Extrem, aber es muss gar
nicht so weit gehen, damit es unangenehm wird.
Das Fahrlehrergesetz wurde 2018 reformiert. Die Ausbildungspläne wurden
modernisiert und die Pädagogikstunden von 350 auf 500 aufgestockt. 2018 ist
noch nicht lange her, das heißt, die meisten aktiven Fahrlehrer kommen noch
aus „der alten Schule“.
Ich mache gerade meinen Führerschein und gehöre zu den Älteren. Der
Hauptteil meiner Mitlernenden sind pubertierende Teenies. Ich hatte mich
eigentlich drauf gefreut, doch nach mehreren Stunden kommt mir der
Unterricht weltfremd, machistisch und rassistisch vor. Das Feindbild: die
Radfahrer. Die machen eh alle, was sie wollen!
## Großes, zerbrechliches Ego
Die übertrieben zur Schau gestellte Lässigkeit, gepaart mit einer sehr
hohen Frequenz dummer Sprüche, erzielt nicht den gewünschten
Coolness-Effekt, sondern schreit förmlich: Achtung! Großes, aber auch
zerbrechliches Ego! Dieser kleine Unterrichtsraum ist sein eigenes
Hoheitsgebiet. Seine Machtdemonstrationen treffen auf eine unkritische
Ansammlung anerkennungshungriger Halbwüchsiger, die eh nur passiven
Frontalunterricht gewöhnt sind mit einer Autoritätsperson, die richtig und
falsch bestimmt. Eifrige Meldungen werden ignoriert, seine Hoheit suhlt
sich in der Aufmerksamkeit. Dann werden die Stillen herausgepickt und bei
einfachsten Fragen ewig nicht vom Haken gelassen. Er lässt sie zappeln. Ich
fühle mich zurückversetzt in sadistische Schulzeiten.
Wertvolle Lebenszeit vergeht, weil Bettina nicht genau weiß, wie schnell
man in ihrer Straße fahren darf. Du bist doch verheiratet, fragt er, ruf
doch deinen Mann an als Telefonjoker, schlägt er vor. Als es voll ist, ruft
er den hinteren Jungs zu: „Aber nicht knutschen!“ Der vielleicht 50-jährige
Fahrlehrer bedient sich billigen Teeniehumors à la Küssen ist peinlich.
Und genau das ist das Problem, zu anderem Umgang scheint er nicht fähig.
Seine paternalistische Art verkraftet keine Begegnungen auf Augenhöhe. Von
den Praxisstunden ganz zu schweigen. Es ist einfach eine Stresssituation,
sich als Neuling im Straßenverkehr zu bewegen, mit einem sehr großem Ego
auf dem Beifahrersitz, das einen anfaucht, sobald man eigenständig handelt.
Ich dachte, hier ginge es ums Lernen und nicht um ein Autopilot-Erlebnis.
Meine Hoffnungen liegen auf der neuen Generation heranwachsender
Fahrlehrer:innen. Hannah Reupert
1 Jul 2022
## AUTOREN
Hannah Reupert
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