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# taz.de -- Ausgehen und rumstehen von Kristof Schreuf: Eine Mischung aus Ritte…
Als Veranda Music am Donnerstagabend im Rahmen der „AutorInnentage“ in der
Bar des Deutschen Theaters Berlin loslegen, gehen die an der Decke
hängenden Scheinwerfer aus. Ab da an ist die Hamburger Band auf der Bühne
in einem Funzellicht zu sehen, das an die Beleuchtung einer Besenkammer
erinnert. Ein an der Wand hängendes Bild von Ulrich Matthes, welches den
Schauspieler mit hochgezogenen Augenbrauen zeigt, scheint den Vorgang mit
den Worten zu kommentieren: „Echt jetzt?“ Doch trotz der unvorteilhaften
Beleuchtung spielen der Schlagzeuger Harm Hinz, der Bassist Lars Precht,
der Keyboarder Felix Huber und der Sänger und Gitarrist Nico von
Schweder-Schreiner tapfer einen sanften und freundlichen Rumbarhythmus, als
würden sie so den Sound checken, um darauf allmählich in ihr erstes Stück
herüberzugleiten.
Darin klingen wie in einigen der folgenden Lieder von Veranda Music
Einflüsse aus Süd- und Mittelamerika an. Die hat Schweder-Schreiner seit
Ende der neunziger Jahre mit mehreren englisch besungenen Platten
verfeinert. Doch im letzten Jahr vertonte er für das Album „Unter Einfluss“
Texte von Menschen, „die mir persönlich begegnet sind“, wie er am Tag zuvor
am Telefon erklärte, „oder solche, die ich zwar nie getroffen habe, aber in
einer bestimmten Lebenszeit eine Rolle für mich spielten“.
In die erste Kategorie fallen die Schriftsteller Thomas Freyer und Thomas
Heckmanns sowie der Sänger Tobias Gruben, in dessen Band Die Erde
Schweder-Schreiner in den neunziger Jahren mitgemacht hat. Zur zweiten
Kategorie lassen sich Heinrich Heine und Udo Lindenberg zählen, dessen
„Guten Tag, Herr Filmproduzent“ Veranda Music gecovert haben.
Trotz mannigfaltiger Stimmungen in den Liedern bekommt Schweder-Schreiner
es immer wieder mit Klischees in der Wahrnehmung zu tun, erzählt er: „Leute
tun so, als wüssten sie schon wegen unseres Bandnamens Bescheid. Weil wir
Veranda Music heißen, glauben sie, dass wir ‚entspannte‘ Musik spielen
würden. Dabei habe ich unseren Namen nicht wegen seiner Bedeutung gewählt,
sondern weil mir einfach der Klang gefiel.“
Tatsächlich lässt sich höchstens die Bühnenshow von Veranda Music für
entspannt halten: Bei langsameren Stücken nimmt Schweder-Schreiner auf
einem Barhocker Platz, bei schnelleren steht er wieder auf.
Dafür hört sich das Konzert vom ersten Ton bis zur letzten Zugabe so
einladend an, dass es nicht überraschen würde, wenn sich etwa zu dem
beschwingten Stück „Moni“ vor der Bühne Paare zu klassischen Tänzen
zusammenfänden.
Das gilt noch mehr bei einem dramatischen und gleichzeitig
lustig-schlüpfrigen Stück, bei dem Schweder-Schreiner eigentlich auf
Englisch, hier übersetzt, singt: „Du bist eine Frau und ich ein Mann“, und
schon allein diese Tatsache genüge doch wohl, um einen nächsten Schritt
aufeinander zu zu wagen. Da sprüht schon aus dem Text ein
freundlich-bengeliger Funke, der während des Auftritts langsam, aber sicher
auf die von Lied zu Lied immer interessierter zuhörenden SchauspielerInnen,
DramaturgInnen und AutorInnen überspringt.
Nach dem Konzert wechseln Band und Publikum vom Barraum auf den
danebenliegenden Balkon. Dort ergibt sich ein Gespräch mit einem
Schauspieler der, wie er sagt, öfter für den „Tatort“ angefragt wird, wenn
es darum gehe, „den Bösen“ zu besetzen. Wie fühlt es sich an, in dem
Traditionskrimi mitzuwirken? „Wie eine Mischung aus Ritterschlag und
Gnadenbrot“.
Da sich der Herr, der seinen Namen nicht nennen möchte, außer für eine
Erhebung in den Adelsstand und eine milde Gabe auch für hochsympathische
Musik interessiert, war er beim Konzert von Veranda Music immerhin genau
richtig.
21 Jun 2022
## AUTOREN
Kristof Schreuf
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