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# taz.de -- Das Geschlecht der Teflonpfanne
> Was wäre, wenn das Erfinderische nicht mit dem Männlichen gekoppelt wäre
Von Marlen Hobrack
Man könnte meinen, die größte Hürde einer Erfindung sei das Finden einer
bahnbrechenden Idee. Oft jedoch scheitern Erfinder daran, ihre Idee an den
Mann zu bringen. Und diese Formel muss man wörtlich nehmen, wenn es nach
Autorin Katrine Marçal geht. Sie schildert in ihrem zutiefst unterhaltsamen
wie erhellenden Buch „Die Mutter der Erfindung“, wie negative
Gender-Stereotype den Erfolgszug nützlicher Innovationen blockieren.
Negativ meint hier, dass ein Produkt als weiblich konnotiert ist.
So kam es etwa, dass scharenweise Männer lieber ihre schweren Koffer
trugen, statt auf die nützliche Erfindung des Rollkoffers zurückzugreifen
(ein echter Kerl wird ja wohl seinen Koffer tragen können?). So kam es
auch, dass im frühen Wettbewerb zwischen Elektroautos und Benzinern der
Benziner trotz offenkundiger Nachteile das Rennen machte. Und zwar, weil
Elektroautos als Frauenautos galten.
Dazu muss man wissen, dass die Benziner der ersten Generation auf
abenteuerliche Weise in Gang gesetzt wurden. Es gab noch keine
elektronische Zündung, so musste der Motor per Kurbel gestartet werden –
ein Knochenjob, für echte Kerle. Fahrer eines E-Autos konnten dagegen
bequem vom Sitz aus einen Hebel betätigen – und schon fuhr das Gefährt an.
Das perfekte Fahrzeug für Damen! Die ersten E-Autos wurden speziell für
weibliche Bedürfnisse entwickelt: Mit extra viel Raum für die ausladenden
Kleider. Das Reichweitenproblem – die damaligen E-Autos schafften mit einer
Batterieladung gut 60 Kilometer – war sogar ein Vorteil. Welcher Mann will
schon, dass seine Frau in der Weltgeschichte herumkurvt?
Natürlich wäre das E-Auto für beide Geschlechter sicherer und angenehmer
gewesen. Denn das Anlassen mit der Kurbel konnte lebensgefährlich sein.
Marçal schildert einen gruseligen Unfall, bei dem ein Mann erst seinen
Kiefer und dann sein Leben verliert. Selbst das Reichweitenproblem der
E-Autos relativierte sich im Vergleich zu Benzinern, die notorisch
unzuverlässig waren und oft liegen blieben.
Doch das Geschlechterverhältnis hat sich umgekehrt. E-Autos werden heute
häufiger von Männern gefahren. Und warum? Sie sind nicht nur teurer und
damit Prestigeobjekte. Tesla machte das E-Auto zum Inbegriff des
futuristischen Luxus. Elon Musks Ingenium besteht vor allem im guten
Marketing.
Es geht Marçal aber nicht nur um die gendertypischen Zuschreibungen
bestimmter Produkte; auch das Erfinden selbst ist unserer Vorstellung nach
männlich. Erfinderisches Ingenium wird Männern zugeschrieben, zugleich
werden Erfindungen von Frauen gerne verspottet oder gleich einem anderen
zugeschrieben. So hält sich der hartnäckige Irrglaube, das Teflon sei in
der Raumfahrtindustrie entwickelt worden. Tatsächlich stammt die Idee von
der Französin Colette Grégoire. Sie machte ihren Mann, den Gründer der
Firma Tefal, sehr reich.
18 Jun 2022
## AUTOREN
Marlen Hobrack
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