# taz.de -- taz🐾thema: Ihr seid das Volk | |
> Rund 160.000 Imkerinnen und Imker sind aktuell in Deutschland aktiv, | |
> davon halten sich etwa 95 Prozent ein Volk als Hobby. Die Verantwortung | |
> für Tier und Umwelt erfordert fundiertes Wissen | |
Bild: Imker:in werden: Schnupper- und Einsteigerkurse machen es möglich | |
Von Cordula Rode | |
Tief steckt der unerschrockene Honigjäger seinen Arm in das Bienennest hoch | |
auf dem Baum – wütende Bienen umschwirren ihn, um den Raub zu verhindern. | |
Die steinzeitliche Höhlenmalerei bei Valencia in Spanien ist etwa 8.000 bis | |
12.000 Jahre alt und die älteste bekannte gemeinsame Darstellung von Mensch | |
und Biene. Es gibt auch zahlreiche Belege dafür, dass schon in den antiken | |
Hochkulturen Bienenhaltung betrieben wurde. In Ägypten wurde das Produkt | |
der wehrhaften Insekten nicht nur wegen seiner Süße geschätzt: Honig wurden | |
übernatürliche Kräfte zugeschrieben. Er sollte Neugeborene schützen und | |
Dämonen vertreiben und diente als sakrale Opferbeilage. Im antiken | |
Griechenland wurde früh die medizinische Bedeutung des Honigs erkannt. So | |
lehrte Hippokrates, dass Honigsalben gegen Fieber, bei Verletzungen und | |
Geschwüren helfen. | |
Im deutschen Mittelalter ging es deutlich handfester zu als bei den | |
Imker:innen der Antike. Die Arbeit der Zeidler – aus dem | |
Althochdeutschen für „Bienenzüchter“ – war wahrlich kein Honigschlecken. | |
Sie mussten lange Märsche in den Wald auf sich nehmen, um den Honig der | |
dort lebenden wilden Honigbienen zu gewinnen. Um die Ausbeute zu | |
vergrößern, schlugen sie selbst Hohlräume in Bäume, die weitere | |
Bienenvölker anlocken sollten. Zur Erleichterung ihrer zeitraubenden und | |
oft gefährlichen Arbeit gingen die Zeidler dazu über, die Bienen in | |
ausgehöhlten Stämmen und Bienenkörben näher an ihr Haus zu holen. Das | |
Ansehen ihres Berufstandes war hoch, denn nicht nur der Honig als damals | |
einziges verfügbares Süßungsmittel war sehr begehrt – auch der Bedarf an | |
Bienenwachs zur Herstellung von Kerzen für Kirchen und Klöster war hoch. Ab | |
Mitte des 19. Jahrhunderts erleichterten Erfindungen wie Wabenrahmen, die | |
den Wabenbau beschleunigten, und die Honigschleuder die Bienenhaltung. Aus | |
den Zeidlern wurden Imker. | |
Und von diesen Imkern und Imkerinnen sind laut dem Deutschen Imkerbund | |
aktuell rund 160.000 in Deutschland aktiv. Davon sind allerdings nur | |
ungefähr 5 Prozent professionelle Imker:innen im Haupt- und Nebenerwerb. | |
95 Prozent der Bienenhalter:innen betreiben die Imkerei als Hobby. | |
Dauert die anerkannte Berufsausbildung zum Imker drei Jahre, so gibt es für | |
Freizeitimker:innen inzwischen ein umfangreiches Angebot an Schnupper- | |
und Einsteigerkursen, die die wichtigsten Grundlagen für den Umgang mit den | |
Bienen vermitteln. Dass dieses Hobby so immens an Beliebtheit gewonnen hat, | |
liegt nicht zuletzt daran, dass die Biene eine Art Wappentier für das | |
besorgniserregende Artensterben geworden ist. Wer aber glaubt, als | |
Hobbyimker:in das Bienensterben aufhalten zu können, liegt damit nicht | |
ganz richtig. Denn nicht die Honigbiene ist bedroht, sondern die Wildbiene. | |
Dennoch können die Freizeitimker:innen einiges zum Erhalt des | |
Ökosystems beitragen. | |
„Die intensive Beschäftigung mit den Tieren und ihrer Lebensweise | |
sensibilisiert die Menschen für die großen ökologischen Zusammenhänge und | |
schafft ein Bewusstsein für die Bienen als Schlüssel der Biodiversität“, | |
weiß Johannes Weber. Er ist Mitinitiator des gemeinnützigen Vereins | |
Stadtbienen. 2014 nach eigenem Verständnis als „Sozialunternehmen“ | |
gegründet, entwickelt der Verein zahlreiche Projekte rund um Bienen sowie | |
Imker:innen und setzt diese auch um. Die Kurse für angehende | |
Hobbyimker:innen in mehr als 25 deutschen Städten sind sehr gefragt. | |
„Wir haben ein eigenes Lernmodell erarbeitet, das unsere | |
Teilnehmer:innen über ein ganzes Bienenjahr begleitet und ihnen Schritt | |
für Schritt die ökologische Bienenhaltung vermittelt“, erklärt der | |
37-Jährige, der seine ersten eigenen Bienen vor vielen Jahren in einem | |
Dachgarten in Berlin gehalten hat. Er räumt auch mit dem Irrtum auf, die | |
Stadt sei kein geeignetes Umfeld für die Bienenhaltung: „Die Stadt bietet | |
für Bienen ein sehr viel reichhaltigeres Angebot als die ländliche Umgebung | |
mit ihrer Monokultur.“ | |
Die konventionelle Bienenhaltung lehnt der Verein ab und hat seine eigenen | |
Richtlinien für eine ökologisch ausgerichtete Haltung der Tiere entwickelt. | |
Die wichtigsten Prinzipien, die auch den angehenden | |
Freizeitimker:innen vermittelt werden, lassen sich in drei Punkten | |
zusammenfassen: Die Bienen dürfen einen Großteil ihres Honigs als | |
Wintervorrat behalten (in der konventionellen Imkerei wird der gesamte | |
Honig entnommen und durch Zuckerwasser ersetzt), nur der Überschuss wird | |
geerntet. Das Bienenvolk bekommt keine vorgefertigten Wachsplatten, die den | |
Wabenbau beschleunigen, sondern darf sein eigenes Wabenwerk bauen. Und in | |
der ökologischen Bienenhaltung wird auf die gezielte Zucht von Königinnen | |
zur Umsetzung erwünschter Eigenschaften wie Honigleistung und | |
Friedfertigkeit verzichtet – das Bienenvolk darf seine eigene Königin | |
heranziehen und wählen. | |
„Hobbyimker:innen sind im Gegensatz zu konventionellen professionellen | |
Imker:innen nicht auf eine hohe Honigernte angewiesen, sondern haben | |
Freude am natürlichen Umgang mit den Bienen“, so Weber. Ein Hobby mit | |
Respekt und Verantwortung. | |
20 May 2022 | |
## AUTOREN | |
Cordula Rode | |
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