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# taz.de -- tazđŸŸthema: Tanz um den Nektar
> Honigbienen haben ganz eigene Kommunikationsformen entwickelt. Besonders
> der „Tanz“ des sozialen Insekts ist bis heute nicht vollstĂ€ndig
> entschlĂŒsselt. Ein Drei-Phasen-Modell kommt ihm nun nah
Ein einzelnes Honigbienenvolk kann aus ĂŒber 50.000 einzelnen Bienen
bestehen, von denen jede ihre Aufgabe kennt. Eine solch komplexe
Organisation wird nur durch hochentwickelte Kommunikation ĂŒber
unterschiedliche KanÀle möglich. Unverzichtbar sind dabei Pheromone,
sozialer Futteraustausch und die Informationsweitergabe ĂŒber die
hochsensiblen Antennen der Bienen.
Der bekannteste Aspekt der Bienensprache aber ist der „Tanz“. Diese
besondere und sehr spezielle Art der Kommunikation diente ursprĂŒnglich
dazu, eine neue Niststelle fĂŒr den Schwarm zu bewerben. Aus der
SchwarmfĂŒhrung zu einem neuen Nistplatz entwickelte sich dann die
Möglichkeit, auch gezielt zu neuen FutterplÀtzen zu rekrutieren. Das
Bienenvolk schickt Kundschafterinnen auf die Suche nach ergiebigen
Futterquellen; sind sie dabei erfolgreich, kehren sie in den Bienenstock
zurĂŒck und informieren die Arbeiterinnen ĂŒber ihre Entdeckung. Die
Informationsweitergabe geschieht durch Körperbewegung und Vibration – den
„Bienentanz“.
Um 1920 begann der Verhaltensforscher Karl von Frisch mit eingehenden
Studien zu dieser Tanzsprache, 1973 wurde ihm fĂŒr seine Erkenntnisse der
Nobelpreis verliehen. Seine Entdeckung in Kurzform: Durch bestimmte
Bewegungen und akustische Impulse vermittelt die Biene ihren Artgenossinnen
die Entfernung der Futterquelle zum Bienenstock sowie anhand des
Sonnenstandes die Richtung zum Fundort. Es galt als sensationelle
Entdeckung, dass Honigbienen offensichtlich in der Lage sind, prÀzise
Koordinaten zu speichern und weiterzugeben – dass die Biene also (wie sonst
nur der Mensch) ĂŒber einen rĂ€umlich und zeitlich entfernten Sachverhalt
„sprechen“ kann.
„Daraus entwickelte sich in den letzten fĂŒnfzig Jahren eine Art
idealisierte Modellvorstellung“, erklĂ€rt Soziobiologe und
Verhaltensforscher JĂŒrgen Tautz. Der emeritierte Professor der UniversitĂ€t
WĂŒrzburg ist ein renommierter Bienenexperte. Bei der intensiven
BeschÀftigung mit dem Verhalten der Bienen fiel ihm auf, dass immer mehr
Hilfshypothesen aufgestellt wurden, um das schöne Bild der prÀzisen
Standortvermittlung wahren zu können: „Der Informationsgehalt des
Bienentanzes wird eindeutig ĂŒberschĂ€tzt.“
Tautz stellte 2021 ein neues dreistufiges Modell auf, in dem der Tanz am
Anfang stattfindet. Die Kundschafterin leitet in der ersten Phase
„Schicken“ die Arbeiterinnen durch Richtungs- und Entfernungsangaben nicht
direkt an den Zielort, sondern in ein grĂ¶ĂŸeres Areal. In der zweiten Phase
„Suchen“ tun die Bienen genau das: Sie suchen dieses Areal ab und werden
dann in der dritten Phase „Locken“ nach bisherigem Erkenntnisstand durch
Duftstoffe der leitenden Kundschafterinnen oder jene der Nahrungsquelle an
ihr Ziel gefĂŒhrt.
Die vermeintliche Abwertung des Tanzes sei im Grunde eher eine Erweiterung
der Kenntnisse zum Austausch der Insekten, so Tautz: „Die Kommunikation,
die im Stock beginnt, wird auf dem Feld fortgesetzt.“ Immer noch seien
viele Aspekte dieser Kommunikation unerforscht: „Die Sprache der Bienen ist
Ă€ußerst komplex – ihre Erforschung wird in den kommenden Jahrzehnten noch
viele spannende Erkenntnisse liefern.“Cordula Rode
JĂŒrgen Tautz: „Die Sprache der Bienen“. Knesebeck Verlag, MĂŒnchen, 2021,
256 S., 22 Euro
20 May 2022
## AUTOREN
Cordula Rode
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