# taz.de -- petition der woche: Verhaftet, weil sie berichteten | |
Zwei Tage lang hatte Lydia Förster nichts von ihrer Tochter gehört. Das sei | |
ungewöhnlich gewesen, erzählt sie im Gespräch mit der taz, sie hätten sonst | |
täglich Kontakt. Die Mutter begann sich Sorgen zu machen. Sie wusste, | |
welchen Gefahren sich ihre Tochter bei der Arbeit aussetzt: Marlene Förster | |
(29) ist Journalistin und recherchiert im Nordirak zur Lebenssituation der | |
Jesid:innen, die 2014 den Genozid durch den sogenannten Islamischen Staat | |
(IS) überlebten. | |
Die Nachricht, die Marlenes Mutter endlich erhielt, fiel alles andere als | |
beruhigend aus: Gemeinsam mit ihrem slowenischen Kollegen Matej Kavčič (28) | |
wurde die junge Reporterin am 20. April nahe der nordirakischen Stadt | |
Sindschar festgenommen. Die beiden hatten dort dem jesidischen Neujahrsfest | |
beigewohnt. Obwohl sie sich umgehend ausgewiesen hätten, wurden sie | |
verhaftet und an einen unbekannten Ort gebracht. Marlenes Mutter erfuhr von | |
der Festnahme nur über Dritte, ein erster Kontakt der deutschen Botschaft | |
mit ihrer Tochter kam erst acht Tage später zustande. Bis heute werden die | |
beiden Journalist:innen in einem Gefängnis in Bagdad festgehalten. Über | |
den Grund der Inhaftierung erfuhren die Angehörigen zunächst nichts. | |
Der [1][Mutter und dem Freundeskreis von Marlene Förster] gehen die | |
Bemühungen der Botschaft und des Auswärtigen Amts viel zu langsam. Ende | |
April haben sie deshalb eine [2][Petition] initiiert. Darin fordern sie die | |
deutsche Bundesregierung und Außenministerin Annalena Baerbock auf, sich | |
für ihre Freilassung einzusetzen und regelmäßigen anwaltlichen Kontakt | |
sicherzustellen. Zu den Erstunterzeichner:innen der Petition gehören | |
Politiker:innen, vor allem von der Linken, aber auch Künstler:innen | |
wie der Schauspieler Jannis Niewöhner sowie viele Journalist:innen, auch | |
von der taz. Die Petition löste eine Welle der Solidarität aus und hatte | |
bei Redaktionsschluss rund 53.000 Unterschriften. | |
Auch die [3][Reporter ohne Grenzen (RSF)] haben sich mit Marlene Förster | |
und Matej Kavčič solidarisiert und fordern ihre unverzügliche Freilassung. | |
Die Nichtregierungsorganisation interpretiert die Inhaftierung als Versuch, | |
die internationale Berichterstattung aus dem Gebiet der Jesid:innen zu | |
verhindern. „Mit der Festnahme dieser beiden engagierten jungen | |
Medienschaffenden zeigen die irakischen Behörden, dass weder über die | |
Situation der jesidischen Minderheit im Sindschar noch über die Aktionen | |
der türkischen Streitkräfte in dieser Region etwas nach außen dringen | |
soll“, sagt RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. | |
Inzwischen zeigen die diplomatischen Anstrengungen erste Erfolge: Am 15. | |
und 16. Mai konnten Förster und Kavčič im Zusammenhang einer richterlichen | |
Anhörung endlich mit ihren Anwält:innen sprechen. Laut Informationen der | |
Initiative ermitteln die irakischen Behörden wegen des Verdachts der | |
illegalen Einreise und der Spionage. Auch wenn die Ermittlungsgründe bisher | |
nicht offiziell bestätigt wurden, ist die Mutter von Marlene Förster | |
erleichtert, dass zumindest der Vorwurf der Terrorunterstützung nicht mehr | |
im Raum steht. Sie hofft, dass die irakischen Behörden die Ermittlungen | |
unter dem Druck der Öffentlichkeit gänzlich fallen lassen werden. | |
Moritz Findeisen | |
21 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://freemarleneandmatej.org/ | |
[2] https://www.change.org/p/freiheit-f%C3%BCr-die-im-irak-inhaftierten-journal… | |
[3] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/pressemitteilungen/meldung/im-irak-inh… | |
## AUTOREN | |
Moritz Findeisen | |
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