# taz.de -- doppelblind: Kampf den Schoko-Hasen | |
Supermärkte sind kein Ort, an dem man einfach nur einkaufen geht. | |
Beleuchtung, Musik und ein ausgeklügelter, mit Aktions-Aufstellern | |
gepflasterter Waren-Parcours machen aus dem Weg zur Kasse einen | |
Hindernislauf, der von Ostern bis Weihnachten nicht ohne Folgen bleibt. | |
Schokoladenhasen, Weihnachtstrüffel, neue Chips-Sorten oder die schon jetzt | |
wieder unvermeidbaren Barbecueprodukte, irgendwas Ungesundes landet am Ende | |
doch im Wagen. Einkaufen ist Manipulation, dafür braucht es keine | |
Wissenschaft. | |
Eine Wissenschaft könnte es aber sein, dagegen zu manipulieren. Zwei | |
aktuelle Studien in PLoS Medicine zeigen, dass sich die Fett- und | |
Zuckerfallenstrategie der Läden umgehen oder sogar direkt nutzen lässt, um | |
Kund:innen zu einem gesünderen Einkauf zu bewegen. In seiner ersten | |
Studie hat das Team der University of Oxford sieben Wochen vor Ostern in 34 | |
Filialen einer britischen Supermarktkette die Pappständer mit Schokohasen | |
abgeräumt, die Saisonware wurde nur noch in den normalen Regalen angeboten. | |
Der Verkauf von Süßigkeiten in diesen Läden nahm in der Vor-Osterzeit nur | |
um 5 Prozent zu, im Gegensatz dazu wuchs der Absatz in den normal | |
bestückten Supermärkten um knapp 20 Prozent. In der Masse beläuft sich der | |
Unterschied je Laden auf 21 Kilogramm, das sind umgerechnet rund 125.000 | |
Kilokalorien. Kein überraschendes Ergebnis, aber ein Beleg dafür, wie stark | |
sich die Kund:innen von den saisonalen Displays beeinflussen lassen. | |
In einer zweiten Studie wurde es subtiler. Das Forschungsteam platzierte in | |
sechs Konstellationen gesündere Alternativen neben herkömmlichen Fett- und | |
Zuckerbomben. Der Absatz von normalen Kartoffelchips ließ sich um fast ein | |
Viertel senken, wenn im gleichen Regal fettreduzierte Chips angeboten | |
wurden. Entsprechendes berichten die Autor:innen für Kekse – und | |
empfehlen, neue Regeln dafür aufzustellen, wie fett- und zuckerlastige | |
Lebensmittel in den Supermärkten angeboten werden dürfen. | |
Die Sache hat aber natürlich ihre Haken. Zum einen bedeutet ein reduziertes | |
Absatz von vollfetten Chips nicht, dass die Kund:innen gesünder leben, | |
sich also mehr bewegen oder insgesamt besser ernähren. Zum anderen wissen | |
Ernährungsforscher:innen aus Jahrzehnten Erfahrung, dass fett- oder | |
zuckerreduzierte Lebensmittel dazu führen können, dass einfach mehr davon | |
gegessen wird. Statt gesünder zu leben, werden die Betreffenden fett. | |
Es bleibt wohl dabei, dass nur eine Ernährungsumstellung zu einem besseren | |
Lebensstil führt. Dass sich diese Umstellung im Supermarkt | |
herbeimanipulieren ließe, ist eher fraglich. (zint) | |
26 Mar 2022 | |
## AUTOREN | |
Kathrin Zinkant | |
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