# taz.de -- flucht und hilfe: Von Odessa nachChişinău | |
> Gemessen an Einwohnern trägt die Republik Moldau die Hauptlast bei der | |
> Flüchtlingshilfe | |
Hilfsorganisationen und private Initiativen stemmen bisher in der Republik | |
Moldau den Großteil der Hilfe für Flüchtende. Viele NGOs aus dem Ausland | |
sind gekommen und haben eine Infrastruktur aufgebaut. Zudem bieten viele | |
Privatleute Hilfe an, holen Flüchtende von der Grenze ab und stellen | |
Schlafplätze zur Verfügung. Im Erdgeschoss des Regierungsgebäudes in der | |
Hauptstadt Chişinău haben Freiwillige ein Koordinierungszentrum | |
eingerichtet, über Telegram und eine eigens programmierte Web-App | |
vermitteln sie Transporte, Schlafplätze, Essen und erste Hilfe. Etwa 3.000 | |
Menschen hätten sich bereits online registriert, berichten die | |
Organisator:innen. | |
Rund 259.000 Menschen sind laut Angaben des UNHCR bis zum 7. März aus der | |
Ukraine in die Republik Moldau geflohen. In dem Land sind damit bisher pro | |
Kopf mehr Geflüchtete angekommen als in jedem anderen Land. Viele reisen | |
nach Rumänien weiter, damit verbleiben aktuell in der Republik Moldau | |
mindestens rund 112.000 Geflüchtete – bei gerade 2,6 Millionen | |
Einwohnerinnen und Einwohnern. | |
Vor allem aus dem nahegelegenen Odessa sind innerhalb der vorigen Woche | |
viele Menschen in Chişinău angekommen. Da die Lebenshaltungskosten im Land | |
vergleichsweise niedrig sind, mieten sich viele Ukrainerinnen mit ihren | |
Kindern in Hotelzimmern oder Ferienwohnungen ein – ein Doppelzimmer im | |
Hotel kostet in Moldau etwa 40 Euro pro Nacht. Andere Flüchtende kommen in | |
einer der mittlerweile etwa 40 Sammelunterkünfte unter. In Chişinău wurde | |
ein Sportstadion zum Bettenlager mit 500 Plätzen umfunktioniert. Es gibt | |
dort weder Rückzugsräume noch eine sanitäre und medizinische Infrastruktur, | |
die der Zahl an Geflüchteten gerecht würde. Private Initiativen bringen | |
Mahlzeiten, Decken, Kleidung. Viele der Flüchtenden bleiben nur für eine | |
oder zwei Nächte und versuchen dann, weiter nach Westen zu reisen. | |
Die Republik Moldau befindet sich politisch in einer Sondersituation: Mit | |
dem Zerfall der Sowjetunion hat sich die Provinz Transnistrien abgespalten | |
und agiert seither autonom. Noch immer sind dort etwa 1.300 russische | |
Soldaten stationiert. Zudem gibt es mit Gagausien eine weitere Provinz, die | |
von Russland finanziell unterstützt wird. Dort, aber auch im Norden der | |
Republik Moldau ist die politische Nähe zu Russland größer als zur | |
Europäischen Union. Damit könnte sich durch den Krieg in der Ukraine auch | |
der innerstaatliche Konflikt in Moldau neu entfachen. Staatspräsidentin | |
Maia Sandu hat vergangene Woche offiziell das Beitrittsgesuch zur | |
Europäischen Union unterzeichnet und unterstreicht damit die | |
Annäherungsbemühungen an die EU der letzten Jahre. | |
Die Fluchtbewegung stellt das Land vor große Herausforderungen, auch | |
deshalb, weil seine Wirtschaft zu den schwächsten Europas gehört. Chişinău | |
hat sich daher mit mehreren Staaten der Europäischen Union auf | |
Unterstützung geeinigt. So werden Flüchtende, die nach Rumänien wollen, | |
inzwischen mit Sonderbussen direkt von der ukrainischen Grenze ins | |
Nachbarland transportiert. Außerdem kommen aus vielen Ländern | |
Hilfslieferungen und technische Unterstützung. Auch die USA haben Hilfe | |
zugesagt. | |
Fabian Franke | |
12 Mar 2022 | |
## AUTOREN | |
Fabian Franke | |
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