# taz.de -- tazđŸthema: Ein Netz knĂŒpfen | |
> Das neu gegrĂŒndete âvon Tessin-Zentrumâ fĂŒr Gesundheit und PĂ€dagogik s… | |
> die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unterstĂŒtzen, die | |
> Familien miteinbezogen | |
Bild: Bewegungsmangel, Vereinsamung, verhaltenspsychologische AuffĂ€lligkeiten:… | |
Von Cordula Rode | |
Die dramatischen Auswirkungen der Pandemie auf Kinder und Jugendliche haben | |
erneut ein Thema in den Fokus gerĂŒckt, das in der WaldorfpĂ€dagogik seit | |
jeher eine tragende Rolle spielt. Der enge Zusammenhang zwischen seelischer | |
und geistiger Entwicklung und körperlicher Gesundheit bestimmte von Anfang | |
an die erzieherischen Grundlagen Rudolf Steiners. Er gilt vielen als | |
BegrĂŒnder der salutogenetisch orientierten PĂ€dagogik. Die | |
methodisch-didaktischen AnsÀtze und alle Unterrichtsinhalte der | |
WaldorfpÀdagogik zielen darauf ab, die körperlich-seelisch-geistigen | |
Anregungen zu vermitteln, die fĂŒr eine gesunde Entwicklung nötig sind. | |
Die Freie Hochschule Stuttgart brachte bereits im vergangenen Jahr | |
Fachleute aus PĂ€dagogik, Medizin und Psychologie an einen runden Tisch, um | |
gemeinsame Wege zu finden, die schweren Belastungen der Kinder und | |
Jugendlichen durch die Auswirkungen der Pandemie aufzufangen. âIm | |
Mittelpunkt stand die einfache Frage âWie kann man helfen?ââ, sagt Petra | |
PlĂŒtzer. Die Referentin fĂŒr Ăffentlichkeitsarbeit an der Freien Hochschule | |
Stuttgart hat das Projekt von Anfang an begleitet. âFĂŒr die | |
Waldorf-PĂ€dagogik hat Erziehung immer etwas Heilendesâ erklĂ€rt sie. âDies… | |
Aspekt wollen wir mit dem neu gegrĂŒndeten âvon Tessin-Zentrumâ verstĂ€rkt … | |
den Mittelpunkt stellen â ĂŒber die Dauer der Pandemie hinaus.â | |
Das stiftungsfinanzierte Zentrum hat sich weitreichende Ziele gesteckt. | |
Neben der Dokumentation und Vermittlung von gesundheitsfördernden | |
AktivitÀten von pÀdagogischen Einrichtungen stehen die umfassende | |
Vernetzung dieser Einrichtungen ebenso auf dem Programm wie Forschung, | |
Publikation und AufklÀrungs-, Beratungs- und FortbildungstÀtigkeit. Dabei | |
richten sich all diese Angebote nicht nur an PĂ€dagog:innen und | |
Einrichtungen, sondern beziehen auch Eltern und Familien mit ein. PlĂŒtzer | |
stellt klar: âDas Angebot unseres Zentrums beschrĂ€nkt sich nicht auf | |
Waldorf-Akteur:innen, sondern steht allen Interessierten offen.â | |
Karin Michael, FachĂ€rztin fĂŒr Kinder- und Jugendmedizin am | |
Gemeinschaftskrankenhaus in Herdecke, gehört zu den MitbegrĂŒnder:innen | |
des Zentrums, das unter der Leitung von TomĂĄĆĄ ZdraĆŸil steht, der an der | |
Hochschule Stuttgart eine Professur fĂŒr schulische Gesundheitsförderung | |
innehat. In ihrer tĂ€glichen Praxis erlebte die Medizinerin frĂŒh die | |
dramatischen Auswirkungen der vergangenen zwei Jahre auf ihre | |
Patient:innen. âIm Grunde war die Coronapandemie aber nur die Lupe, die | |
bereits lange bestehende Probleme noch einmal dramatisch vergröĂert hatâ, | |
erklĂ€rt sie. âIn den 20 Jahren meiner TĂ€tigkeit als Ărztin konnte ich, | |
ebenso wie viele Kolleg:innen, eine stetige und alarmierende Zunahme der | |
körperlichen und psychischen Beschwerden bei Kindern beobachten â von | |
Ăbergewicht durch Bewegungsmangel ĂŒber Vereinsamung bis hin zu | |
verhaltenspsychologischen AuffĂ€lligkeiten.â Die Pandemie ist aus ihrer | |
Sicht nur ein Schrittmacher fĂŒr die zunehmend ungesunde alltĂ€gliche | |
Lebenssituation vieler Kinder. âWir möchten mit unserem Zentrum prĂ€ventiv | |
arbeiten, um zu einem möglichst frĂŒhen Zeitpunkt helfend eingreifen zu | |
können.â Zum Tessin-Team gehört auch Mathias Maurer, ehemaliger | |
Chefredakteur der Zeitschrift Erziehungskunst, der als Projektkoordinator | |
eingestiegen ist und sein Netzwerk und seine langjÀhrige Expertise in das | |
Projekt einbringt. | |
Eine umfassende und sinnvolle PrÀvention ist aus Sicht der Expert:innen | |
des Zentrums nur durch die enge Zusammenarbeit verschiedener Fachleute aus | |
PÀdagogik, Medizin, Psychologie und Therapie möglich. Gleichzeitig | |
erfordert sie eine optimale Vernetzung, um Erfahrungen, neue AnsÀtze und | |
Ideen unter gleichzeitiger Einbeziehung aktueller Studien fĂŒr alle | |
Beteiligten zur VerfĂŒgung stellen zu können. Als Beispiel nennt Karin | |
Michael Projekte der WaldpÀdagogik, die gerade gemeinsam mit verschiedenen | |
Einrichtungen erarbeitet werden: âDiese Form der PĂ€dagogik vereint sehr | |
viele wichtige Aspekte â die Kinder erleben nicht nur fĂŒr sie neue Formen | |
der Bewegung, sondern können auch durch die Verwendung der Naturmaterialien | |
kreativ werden.â Das schaffe Erfolgserlebnisse fĂŒr Kinder, die es durch die | |
zunehmende Digitalisierung oft nicht mehr gewohnt seien, dass ihre | |
TĂ€tigkeiten sicht- und greifbare Ergebnisse hervorbringen. Zugleich spiele | |
auch der ökologische Gesichtspunkt eine wichtige Rolle und natĂŒrlich der | |
medizinische: âAktuelle Studien zeigen, dass der hĂ€ufige Aufenthalt im Wald | |
nachhaltigen Einfluss auf das Darmmikrobiom und somit auf das umfassende | |
körperliche Wohlergehen der Kinder hat.â DarĂŒber hinaus habe das | |
unmittelbare Erleben der Natur eine ausgleichende Wirkung auf besonders | |
unruhige Kinder, die mit ihrem Verhalten hĂ€ufig das soziale GruppengefĂŒge | |
in Schule und Kindergarten stören. Auch Karin Michael betont: âUnser | |
Zentrum ist kein ausschlieĂliches Waldorf-Projekt, sondern lebt vom | |
Interesse und der Teilnahme aller Fachleute.â | |
19 Mar 2022 | |
## AUTOREN | |
Cordula Rode | |
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