| # taz.de -- Moskau und vier Lakaien gegen den Rest der Vereinten Nationen | |
| > 141 Staaten stimmen in der UN-Generalversammlung für eine Verurteilung | |
| > Russlands und fordern den sofortigen Rückzug der Truppen aus der Ukraine. | |
| > Noch nie war ein ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats so isoliert | |
| > wie Putins Regierung heute | |
| Von Andreas Zumach | |
| Russland und sein Präsident Wladimir Putin haben sich mit dem | |
| völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine international so weit isoliert | |
| wie nie zuvor eines der fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats. | |
| Am Mittwochabend verlangte eine knappe Dreiviertelmehrheit von 141 der 193 | |
| Mitgliedsstaaten von Russland in einer Dringlichkeitssitzung der | |
| Generalversammlung per Resolution einen „sofortigen Waffenstillstand“ sowie | |
| den „sofortigen, bedingungslosen und vollständigen Rückzug“ seiner | |
| Streitkräfte aus der Ukraine. | |
| Mit Russland stimmten lediglich Belarus, Nordkorea, Syrien und Eritrea | |
| gegen die Resolution. 35 Staaten enthielten sich, darunter neben China, | |
| Indien und Iran auch Länder wie Kuba und Nicaragua, die bei vergangenen | |
| Abstimmungen meist die Postion Russlands unterstützt hatten. 12 der 193 | |
| Mitgliedsstaaten waren bei der Abstimmung nicht anwesend. | |
| In der Resolution heißt es, „die militärischen Angriffe der russischen | |
| Streitkräfte“ hätten „ein Ausmaß erreicht, das die internationale | |
| Gemeinschaft seit Jahrzehnten in Europa nicht mehr erlebt“ habe. Mit der | |
| Resolution „bekennt sich die internationale Gemeinschaft zur Souveränität, | |
| Unabhängigkeit, Einheit und territorialen Integrität der Ukraine innerhalb | |
| ihrer international anerkannten Grenzen“. Die Regierung Putin wird | |
| aufgefordert, ihre am 21. Februar verkündete „Anerkennung“ der beiden | |
| ostukrainischen Teilrepubliken Donezk und Luhansk wieder rückgängig zu | |
| machen“. Zudem wird in der Resolution der Befehl des russischen Präsidenten | |
| verurteilt, die Abschreckungswaffen der Atommacht in besondere | |
| Alarmbereitschaft zu versetzen. | |
| Die Mehrheit fiel auch deshalb so deutlich aus, weil der Angriffsbefehl von | |
| Putin noch während der Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats zur | |
| Verhinderung dieses Krieges am Abend des 23. Februar erfolgte – eine | |
| negative Premiere in der Geschichte der UNO, die von sehr vielen | |
| Mitgliedsstaaten als böser Affront gegen die Weltorganisation wahrgenommen | |
| wurde. | |
| Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja gab sich nach der Abstimmung | |
| unbeeindruckt. Die Entscheidung werde es der russischen Regierung „nicht | |
| erlauben, militärische Aktivitäten zu beenden“. Vielmehr könne sie | |
| „radikale Kräfte“ und „Nationalisten“ in Kiew ermutigen, warnte er. | |
| Mit ihrer Resolution verurteilte die Generalversammlung erst zum dritten | |
| Mal in der 77-jährigen Geschichte der UNO einen der fünf ständigen | |
| Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrats. Auch die beiden ersten Male traf es | |
| die Regierung in Moskau. Mit noch deutlich geringerer Mehrheit als am | |
| Mittwoch hatte die Generalversammlung Ende März 2014 die Annexion der Krim | |
| durch Russland und im Januar 1980 die kurz zuvor erfolgte Invasion der | |
| damaligen Sowjetunion in Afghanistan als völkerrechtswidrig verurteilt. | |
| Die Initiative Südafrikas für eine Resolution der Generalversammlung zur | |
| Verurteilung des völkerrechtswidrigen Krieges der USA und Großbritanniens | |
| gegen Irak im Jahr 2003 erstickte die Administration von US-Präsident | |
| George W. Bush mit massiven Drohungen gegen die Regierung in Pretoria. | |
| Die in ihrer Größenordnung bislang beispiellose Abstimmungsniederlage | |
| dürfte das Ansehen Russlands sowie seine Einfluss- und | |
| Handlungsmöglichkeiten in der UNO deutlich schwächen. Mit Aufmerksamkeit | |
| wurde in New York auch registriert, dass mit Brasilien, Indien, China und | |
| Südafrika alle mit Russland in der Gruppe der BRICS verbündeten Staaten | |
| entweder für die Resolution stimmten oder sich enthielten. | |
| Laut UN-Charta liegt die Hauptverantwortung zur Wahrung oder | |
| Wiederherstellung des Friedens beim Sicherheitsrat. Doch als der während | |
| des Koreakrieges 1950 diese Zuständigkeit nicht wahrnehmen konnte, weil er | |
| durch eine Vetodrohung der Sowjetunion handlungsunfähig war, zog die | |
| Generalversammlung diese Verantwortung mit der Resolution 377 (Uniting for | |
| Peace) an sich. Dies geschah seitdem in zehn weiteren Fällen. Konkrete | |
| Folgen hatte allerdings nur die Ursprungsresolution vom 3. November 1950. | |
| Auf deren Basis verurteilte die Generalversammlung China als Aggressor und | |
| beschloss im Mai 1951 ein Waffenembargo gegen Nordkorea und gegen China. | |
| 4 Mar 2022 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Zumach | |
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