# taz.de -- Jim Anton schaut sich illegale Autorennen an: Von falschen Vorbilde… | |
Ein großer lila Jeep steht im Mittelpunkt des Raums, Risse durchziehen die | |
Frontscheibe, die Motorhaube ist abgefallen und die Elektrik freigelegt. | |
Das zerstörte Auto hat früher Michael Warshitsky gehört, bevor er 2016 nahe | |
dem Ku’damm von einem Raser gerammt wurde und so einem illegalem Autorennen | |
zum Opfer fiel. | |
Der lila Jeep steht jetzt, als zentrales Ausstellungsstück, in der | |
Sonderausstellung „Wahnsinn – Illegale Autorennen“ im Deutschen | |
Technikmuseum. Dass in diesem Auto wirklich jemand tödlich verletzt wurde, | |
ist unheimlich. Mensch fühlt sich selbst fast wie ein*e Gaffer*in am | |
Unfallort. Diese starken Eindrücke sollen zum Nachdenken anregen und | |
langfristig vom Rasen abhalten, das zumindest hofft auch die Berliner | |
Polizei, mit der das Technikmuseum für diese Ausstellung kooperiert. | |
Die Ausstellung bemüht sich zusätzlich darum, die Ursachen und Hintergründe | |
solcher Rennen zu klären. Was bewegt denn jemanden, an einem illegalen | |
Autorennen teilzunehmen und mit lebensgefährlicher Geschwindigkeit zu | |
fahren? Hauptsächlich wird diese Frage durch gesellschaftliche Phänomene | |
betrachtet: die rasanten Fast-and-furious-Filme, die Temporausch | |
verherrlichen, sowie die Mercedes-Benz-Werbung mit dem Slogan „Groß. Stadt. | |
Jäger“ und natürlich Autospielzeuge und Rennspiele. Dinge, die unser | |
kulturelles Autobild formen, uns erzählen, dass Autos cool, schnell und | |
männlich sind. Durch ein Kinderspielzeug in Form eines Mini-Rennautos wird | |
eindrücklich gezeigt, dass Kinder, vor allem Jungen, durch den Einfluss von | |
Spielzeugen und Videospielen mit einem sehr positiv geprägten Bild von | |
schnellen Autos und Autorennen aufwachsen. Daher ist es auch nicht | |
verwunderlich, dass die Täter bei Autorennen, laut der bei der | |
Ausstellungseröffnung anwesenden Berliner Polizeipräsidentin Barbara | |
Slowik, auch eher junge Männer sind, Menschen mit hoher Risikobereitschaft. | |
Oft wollen diese sich selbst oder anderen ihre Männlichkeit beweisen und | |
finden dafür keine bessere Bühne als Berlins Straßen. Die Männer unter | |
ihnen, die bei ihren eigenen Autorennen sterben oder verletzt werden, sind, | |
wie der Kurator der Ausstellung, Dr. Frank Steinbeck, es ausdrückt, „Opfer | |
ihrer Vorbilder“. | |
Aufgrund der häufig jungen Täter soll die Ausstellung vor allem Jugendliche | |
ansprechen und sie anregen, über das Thema Rasen und illegale Autorennen | |
nachzudenken und zu sprechen. Aber genügt eine Ausstellung, um Jugendlichen | |
das Thema näherzubringen, kann so der Gedanke an Autorennen als gefährlich | |
und dumm wirklich verinnerlicht werden? Oder wird vielmehr, durch die | |
großen, PS-starken Ausstellungsstücke, das Auto als glorifiziertes Fahrzeug | |
noch bestärkt, gerade weil im Risiko auch der Reiz liegt? Für den eigenen | |
Blick darauf: Die Ausstellung „Wahnsinn – Illegale Autorennen“ ist noch b… | |
zum 3. Juli im Deutschen Technikmuseum zu sehen. | |
1 Mar 2022 | |
## AUTOREN | |
Jim Anton | |
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