# taz.de -- das medienhaus an der friedrichstraße: Unser Chefempath | |
> Andreas Bull ist ein Umsetzer, der stets das Menschliche in der taz im | |
> Blick hat | |
Von Aline Lüllmann | |
An Andi kann mensch sich reiben wie an den Positionen in der taz überhaupt. | |
Allerdings, ohne dass es sich je nach einem bösen Konflikt anfühlt. Auch | |
der innere Nachhall nach Gesprächen mit ihm wird mir fehlen, denn Andi ist | |
der Chefempath unseres Hauses. Es gibt kein Menschliches, das er nicht | |
nachempfinden kann und mit Interesse verfolgt. | |
Seine Bereitschaft, auf jeden und jede einzugehen, kostet Zeit und führt | |
oft zu Sonderlösungen, ist aber auch das Geheimnis, wie er es geschafft hat | |
mit begrenzten materiellen Ressourcen immer wieder zu motivieren und | |
unseren Laden am Laufen zu halten. Dabei ist er sehr bemüht, nur im | |
Hintergrunde zu agieren, denn das ist er ja auch: der Mann aus der ersten | |
Reihe, der sich selbstgewählt in der zweiten Reihe aufhält. Er ist ein | |
Umsetzer. Woher diese Energie kommt, ist mir allerdings ein Rätsel | |
geblieben. Vielleicht ist es wirklich der Trick, den er mir vor einigen | |
Jahren genannt hat und dessen Ausprägung wir täglich sehen können, wenn er | |
mittags in der Kantine – ohne bestellen zu müssen, man kennt ihn und seine | |
Gewohnheiten – Salat und Nachtisch bekommt: „Bleibe stets unterkalorisch. | |
Dann bleibt auch die Bissigkeit.“ | |
Bissig ist Andi nur bei Themen, nicht bei Menschen. Immer ansprechbar, auch | |
wenn es ihn wieder und wieder aus der Arbeit reißt. Er ist da und | |
interessiert sich für Details. Und für die Lösung eines Problems. Auch wenn | |
Personen kommen und schimpfen: Er bleibt freundlich. | |
Auf jeder Weihnachtsfeier ist er der Mann mit dem Schlüssel, der Letzte, | |
der geht, für die letzten Runden und doch immer wieder für eine | |
Verlängerung sorgt. Er tanzt durch jede Feier und durch seine über 30 Jahre | |
als Geschäftsführer der taz, weil er hinter der taz steht, in jedem Detail, | |
mit jeder Person, mit jeder Besonderheit und jeder Macke – er ist, so | |
gesehen, die taz als Ganzes in einer Person. | |
Der taz hat er mehr gegeben als Orientierung und Struktur. In unzähligen | |
Gesprächen hat er es immer wieder geschafft, den Kern des Problems zu | |
finden. Er denkt rundherum und langfristig. Er ist radikal. Radikaler als | |
viele – auch als viele in der taz. Aber er hat seine Rolle verstanden und | |
hält sich – journalistisch – zurück. | |
Für ihn bin ich froh: Jetzt muss er sich nicht mehr mäßigen, er kann frei | |
sein. Der taz und auch mir persönlich wird aber genau diese Art fehlen, | |
denn ein gutes Gefühl nach einem Gespräch mit einem anderen Menschen zu | |
haben ist vielleicht das Wertvollste, was man seinem Gegenüber geben kann. | |
Aline Lüllmann ist seit 2011 bei der taz und seit Juni 2020 | |
Geschäftsführerin. | |
22 Jan 2022 | |
## AUTOREN | |
Aline Lüllmann | |
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