# taz.de -- „Diese Sanftheit und Achtsamkeit, die das Blauviolett transportie… | |
Bild: Foto: Pantone | |
Interview Franziska Seyboldt | |
taz am wochenende: Lieber Felix, wie jedes Jahr im Dezember hat das Pantone | |
Color Institute die Farbe des kommenden Jahres gekürt. 2022 heißt sie | |
„Very Peri“. Was ist das für eine Farbe? | |
Felix Eckardt: Es ist das Blauviolett, bevor es Nacht wird. Der Moment, in | |
dem die Verkehrsampeln so wunderbar zu leuchten anfangen. Das ist meine | |
absolute Lieblingshimmelfarbe! Aber ich verwende sie auch gerne, wenn ich | |
Körper male, da mische ich in die Schatten feinste Violettnuancen rein. | |
Dämmerung und Schatten – wird 2022 also eher dunkel? | |
Violett wirkt ja perspektivisch nach hinten, deshalb sind Berge in der | |
Ferne zum Beispiel immer in so einen Ton getaucht. Aber obwohl es eine | |
reduzierte Farbe ist, die sich im Hintergrund hält, ist sie trotzdem | |
unglaublich lebendig. Und diese Sanftheit und Achtsamkeit, die das | |
Blauviolett transportiert, braucht unsere Gesellschaft gerade dringend. | |
In welcher Hinsicht? | |
Ich wünsche mir beim Thema Corona, dass die Menschen weiter offen | |
miteinander bleiben. Aber auch, dass sie achtsamer und nachhaltiger mit der | |
Natur umgehen. Und sich jedes Mal, wenn sie ins Flugzeug steigen oder ins | |
Auto, fragen: Mach ich das jetzt oder nicht? | |
2021 hatte Pantone zwei Farben zum Trend erklärt, nämlich Grau und Gelb. | |
Was kann Violett, was Grau und Gelb nicht können? | |
Oh, ich würde dir so gerne sagen, was Grau alles kann! | |
Was denn? | |
Was ich an Grau so schön finde, ist, dass es eine neutrale Farbe ist, die | |
alle anderen Farben unterstützt und zum Leuchten bringt. Deshalb ist Grau | |
in der Malerei auch so wichtig. | |
Und Gelb? | |
Für viele steht Gelb ja für Neid, aber für mich steht das für Lebensfreude. | |
Dieses Jahr hat trotz oder gerade wegen des vielen Chaos gezeigt, wie | |
kostbar und wertvoll das Leben ist. Und dass es sich lohnt, jeden Tag total | |
intensiv und bewusst zu leben. | |
„Very Peri“ hat die Koordinaten 17-3938. Hast du eigentlich dein eigenes | |
Farbenarchiv im Kopf? | |
Da ich seit 25 Jahren tagein, tagaus male, habe ich meine Mischverhältnisse | |
im Blut. Aber ich male sehr intuitiv, deshalb mische ich die Farben immer | |
wieder neu. Eigentlich ist es genau wie beim Kochen, wo man immer einen | |
Kosmos aus süß, sauer, salzig und umami hat. Das muss man miteinander ins | |
Gleichgewicht bringen. Und so ist das auch bei jedem Bild. | |
Aus welchen Farben würdest du „Very Peri“ zubereiten? | |
Aus Ultramarinblau, Chinacridonviolett und einem Hauch Weiß. Bei mir ist | |
aber immer noch ein Schuss Palettendreck mit drin, weil ich die Pinsel | |
nicht so gründlich auswasche. Das würde die Farbe dann noch etwas abtönen. | |
Violett ist ja auch die Farbe der Frauenbewegung und der Spiritualität, in | |
der Kirche symbolisiert sie die Buß- und Fastenzeit. | |
Buße ist absolut nicht meins. Das wirkt so nach hinten gewandt. Ich würde | |
den Blick lieber nach vorne richten und sagen: Das mache ich ab jetzt | |
anders. Und jetzt mache ich es gut. | |
Felix Eckardt, Jahrgang 1975, ist freischaffender Künstler in Hamburg. In | |
seinen Bildern setzt er sich mit Nachhaltigkeit und der Kostbarkeit des | |
Lebens auseinander. | |
Franziska Seyboldt, Jahrgang 1984, ist taz-Redakteurin und macht seit knapp | |
einem Jahr einen Malkurs bei Felix Eckardt – pandemiebedingt natürlich | |
online. | |
18 Dec 2021 | |
## AUTOREN | |
Franziska Seyboldt | |
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