Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- öpnv: Liberté, égalité, mobilité
> In Frankreich bieten immer mehr Städte kostenlosen Personennahverkehr an.
> Kommunen können eine Mobilitätssteuer für den öffentlichen Verkehr
> erheben
Von Lukas Nickel
Ab dem 4. Dezember sparen sich die Bürger:innen von Clermont-Ferrand in
Zentralfrankreich am Wochenende den Gang zum Ticketautomaten. Von
Freitagmorgen, 4.30 Uhr bis Montagnacht um 1.00 Uhr sind Busse und Trams
umsonst. Diese Idee ist nicht neu: Über 30 Städte und Gemeinden bieten
schon ganz oder teilweise kostenlosen Transport an, vor zehn Jahren waren
es noch um die 20. Die südfranzösische Stadt Aubagne beispielsweise führte
den komplett kostenlosen Nahverkehr im Jahr 2008 ein. Seitdem konnte die
Stadt ihre Fahrgastzahlen um 230 Prozent erhöhen. In Compiègne nördlich von
Paris freuen sich alle Fahrgäste sogar schon seit 1975 über kostenlosen
Nahverkehr. Paris hat unter der sozialistischen Bürgermeisterin und
Präsidentschaftskandidatin Anne Hidalgo kostenlose Fortbewegung für unter
18-jährige eingeführt.
Finanziert werden diese Projekte durch das sogenannte „Versement
Mobilité“. Dahinter verbirgt sich eine Mobilitätssteuer für den
öffentlichen Transport. Gemeinden und Städte können Unternehmen ab zehn
Mitarbeitenden dazu verpflichten, bis zu 3 Prozent des Gehalts ihrer
Angestellten als Steuer abzugeben. Meist liegt die Abgabe unter 2 Prozent.
Dieses Geld darf nur für den öffentlichen Verkehr ausgegeben werden, zum
Beispiel als Investition in das Streckennetz oder für die Betriebskosten.
So fehlen der Stadt Compiègne für ihren kostenlosen Nahverkehr eigentlich
gut 7 Millionen Euro im Jahr durch nicht verkaufte Tickets. Diese Lücke
gleicht sie zum Großteil mit der Mobilitätssteuer aus. In den meisten
Ortschaften mit kostenlosem Nahverkehr wird die Steuer um ein paar
Prozentpunkte erhöht.
Das schmeckt nicht allen. Bruno Gazeau vom nationalen Verkehrsnutzerverband
zufolge fehlen den Verkehrsbetrieben schon jetzt die Mittel, um in Bereiche
wie Digitalisierung oder in eine Elektroflotte zu investieren. „Den
Betrieben in dieser Situation Geld wegzunehmen ist dumm“, findet Gazeau. Er
spricht sich für einen kostenlosen Nahverkehr nur für Menschen mit wenig
Geld aus, zum Beispiel Arbeitslose und benachteiligte Jugendliche. Es gäbe
keinen Grund, dass Wohlhabende für ihre Tickets nichts zahlen müssen, sagt
er.
Die Bürgermeister:innen der Städte mit kostenlosem öffentlichen
Nahverkehr heben hingegen die soziale und ökologische Effekte des
kostenlosen Transports hervor. Durch ihn würden nicht nur der Verzicht aufs
Auto gefördert und die Pkws aus den meist überfüllten Städten gedrängt.
Auch sozial schlechter gestellten Familien sei es nun möglich, am
Stadtleben teilzunehmen, indem sie kein Geld für die Fahrt ins Zentrum oder
zu Veranstaltungen ausgeben müssen.
23 Nov 2021
## AUTOREN
Lukas Nickel
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.