Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Unentschiedenen
> Remis statt Remmidemmi: Nach drei Friedensschlüssen im Schach-WM-Fight
> zwischen Carlsen und Nepomnjaschtschi wartet alle Welt auf Entscheidungen
Bild: Grübel, grübel! Weltmeister Magnus Carlsen vergräbt sich gedanklich in…
Von Hartmut Metz
Die „Hoffnung und der Glaube“ von Magnus Carlsen, dass es in Dubai keine
„ausremisierte Schlacht wie die zwei letzten Weltmeisterschaften gibt“,
blieb bisher unerfüllt. Der Norweger startete mit drei Friedensschlüssen in
die Titelverteidigung gegen Jan Nepomnjaschtschi. Die Zahl der
Unentschieden erhöhte sich spielübergreifend auf 17 WM-Partien
hintereinander. Damit kann der Schach-Weltmeister aber bisher durchaus
zufrieden sein. Zum einen hatte sein russischer Herausforderer zweimal den
„Aufschlag“-Vorteil mit Weiß und muss in der vierten Begegnung am Dienstag
zum zweiten Mal mit den schwarzen Steinen antreten.
Zum anderen konnte der Weltranglistenfünfte bisher nicht unterstreichen,
dass er der große Angstgegner von Carlsen ist. In den ersten drei
Begegnungen hinterließ der Weltmeister den etwas überzeugenderen Eindruck.
Ein kundiger Fan konstatierte deshalb gegen Ende der zweiten Partie im
Internet-Chat: „So langsam sieht man, wer die Hosen in dem Wettkampf
anhat.“ Das spannende Duell, in dem der seit zwölf Jahren in der
Weltrangliste Führende mit Weiß begann, fand ein weiterer Zuschauer im Web
„wunderbar und unterhaltsam“. Wahrscheinlich fand deshalb Carlsen den
Auftakt „atypisch für beide Spieler“, weil es an ihm war, Material zu
opfern.
Gab der 30-Jährige beim ersten Duell nur einen kleinen Bauern für eine
Initiative, was sich in einem leichten Remis mit Schwarz auszahlte, opferte
er noch weit mutiger in Runde zwei eine sogenannte Qualität. Der
US-Großmeister Fabiano Caruana, der bei der letzten WM 2018 Carlsen nach
zwölf Remis erst im Schnellschach-Tiebreak unterlegen war, bezeichnete die
passive Stellung von Nepomnjaschtschi als „den ultimativen Albtraum für
jeden Spieler. Magnus hat die Eröffnungsschlacht gewonnen“, lobte Caruana
seinen Erzrivalen für die mit dem Computer vorbereitete brillante Idee,
einen Turm und einen Bauern für einen gefährlich postierten Springer zu
geben.
Solch ein Opfer kann jedoch auch schnell nach hinten losgehen. Carlsen
unterlief prompt ein Fehler. Deshalb versank er mehrfach in tiefes Grübeln.
Der Vordenker gestand in der Analyse später, den 18. Zug des Gegners
„völlig übersehen“ zu haben und witterte eine aufziehende Gefahr: „Ich
wusste nicht, wer besser steht und warum“, wirkte der Champion
ausnahmsweise ratlos. Aber auch seinem Kontrahenten ging es in der „sehr
rätselhaften Position“, wie es „Nepo“ nannte, kaum besser.
Der Hockenheimer Bundesligaspieler fand auch keinen Weg aus dem „Chaos“,
um bei knapper werdender Bedenkzeit mit einem Sieg in Führung zu gehen. Am
Schluss drückte doch wieder Carlsen, auch wenn es im Endspiel mit Turm und
je zwei Bauern keine Gewinnchancen mehr für ihn gab. Nach 58 Zügen
schüttelten sich der Champion und sein ehemaliger Sekundant die Hände. „Es
war eine faszinierende Partie!“, zeigte sich der englische Großmeister Luke
McShane am Samstag angetan vom bisher aufregendsten Duell im Kampf um zwei
Millionen Dollar Preisgeld.
Keinen Adrenalinschub löste am Sonntag die dritte Partie aus: Die Kämpen
remisierten erneut zum 1,5:1,5-Zwischenstand. Magnus Carlsen gibt dennoch
nicht die Hoffnung auf, den Remisfluch zu beenden. Auf die Frage eines
Followers in den sozialen Medien, als was er in 50 Jahren in Erinnerung
bleiben möchte, antwortete der Titelverteidiger schlagfertig: „Hoffentlich
als jemand, der eine Turnierpartie in einem WM-Match nach 2016 gewann!“
30 Nov 2021
## AUTOREN
Hartmut Metz
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.