# taz.de -- Sauberere Luft könnte 300.000 Leben retten | |
> Die Feinstaubmenge in Europa nimmt ab. Dennoch überschreiten weiterhin | |
> viele EU-Länder die Grenzwerte. Auch in Deutschland ist die | |
> Luftverschmutzung zu hoch | |
Bild: Hier wird gemessen, wie sauber die Luft ist: Messstation in der Oberhause… | |
Von Lukas Nickel | |
Auch wenn die Luftqualität in Europa immer besser wird, starben im Jahr | |
2019 circa 307.000 Menschen in der Europäischen Union aufgrund von | |
Feinstaub in der Luft. Das geht aus den am Montag vorgestellten Zahlen der | |
EU-Umweltagentur hervor. Mehr als die Hälfte dieser Menschenleben hätte | |
gerettet werden können: Gut 180.000 Menschen würden laut Umweltagentur | |
jetzt noch leben, wenn sich die EU-Staaten an die von der | |
Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwerte gehalten hätten. | |
WHO-Schätzungen zufolge sterben weltweit gut 7 Millionen Menschen pro Jahr | |
durch eine zu hohe Luftverschmutzung. In Europa kommen zu den 307.000 | |
Todesfällen durch Feinstaub noch 40.400 weitere durch Stickstoffdioxid und | |
16.800 durch bodennahes Ozon, auch wenn diese Zahlen aufgrund möglicher | |
Doppelzählungen nicht addiert werden sollten. „Saubere Luft zu atmen sollte | |
ein grundlegendes Menschenrecht sein. Es ist eine notwendige Voraussetzung | |
für gesunde Gesellschaften. Auch wenn sich die Luftqualität in unserer | |
Region in den letzten Jahren verbessert hat, haben wir noch einen weiten | |
Weg vor uns“, zitiert der Bericht der Umweltagentur den | |
WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge. | |
In Deutschland sind den Berechnungen zufolge 53.800 Menschen durch | |
Feinstaub gestorben. Auch hier hätte fast die Hälfte, also 26.800 Menschen, | |
bei Einhaltung der WHO-Grenzwerte gerettet werden können. Die WHO hatte im | |
September erstmals seit 2005 deutlich strengere Grenzwerte für die | |
Luftverschmutzung empfohlen. Das Europäische Parlament will jetzt im | |
kommenden Jahr die Leitlinien zur Luftqualität aktualisieren und sich an | |
den Empfehlungen der WHO orientieren. Derzeit überschreiten laut | |
Umweltagentur viele europäische Länder mindestens einen der deutlich | |
schwächeren EU-Grenzwerte. | |
In ihrer jährlich veröffentlichten Analyse hebt die Umweltagentur hervor, | |
dass die Luftqualität sich in Europa im Vergleich zu 2018 verbessert hat. | |
Damit setzt sich der Trend der vergangenen Jahre fort: Zwischen 2005 und | |
2019 ist die Zahl der Todesfälle aufgrund von Feinstaubbelastung um rund | |
ein Drittel gesunken. Außerdem hat die EU-Kommission im Zuge ihres European | |
Green Deals vor zwei Jahren angekündigt, die Feinstaubbelastung bis 2030 um | |
mehr als 55 Prozent im Vergleich zu 2005 senken zu wollen. | |
Als Gründe für die Verbesserungen der Luftqualität nannte | |
Umweltagentur-Direktor Hans Bruyninckx vor allem Fortschritte beim Heizen | |
sowie in Verkehr, Landwirtschaft und Industrie: „Diese Investitionen retten | |
Leben und tragen auch dazu bei, den Fortschritt in Richtung CO2-Neutralität | |
und starker Biodiversität zu beschleunigen“, so Bruyninckx. | |
Luftverschmutzung sei das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko in | |
Europa. | |
Die Deutsche Umwelthilfe weist darauf hin, dass Holzöfen und -heizungen | |
mehr Feinstaub produzieren als Lkws und Pkws zusammen. Als Sofortmaßnahme | |
fordert sie deswegen eine Filterpflicht für Holzöfen. „Die neuen Zahlen der | |
obersten EU-Umweltbehörde zeigen das Ausmaß des Scheiterns der bisherigen | |
Luftreinhaltepolitik in Deutschland. Die Ampelparteien müssen die | |
nationalen Grenzwerte für Feinstaub daher schnellstmöglich an die | |
Empfehlungen der WHO anpassen“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer | |
der Organisation. | |
16 Nov 2021 | |
## AUTOREN | |
Lukas Nickel | |
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