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# taz.de -- Massiver Protest
> Die Räumung des Köpi-Wagenplatzes wurde von Demonstrationen der
> linksautonome Szene begleitet. Franziska Giffey und Andreas Geisel
> verurteilen die Ausschreitungen. Eine Bilanz
Bild: Bei der Räumung des Köpi-Wagenplatzes
Von Sara Guglielmino
Vor den Schaufensterscheiben der Geschäfte am Zickenplatz in Kreuzberg
stehen PolizistInnen mit Schutzhelmen und Schlagstöcken in der Hand eng
nebeneinander aufgereiht. An ihnen laufen derweil Tausende schwarz
gekleidete Demonstrierende vorbei – diese trafen sich am Freitagabend zum
Protest gegen die Räumung des Köpi-Wagenplatzes in der Köpenicker Straße
[1][am Morgen desselben Tages].
Die Köpi gilt als eines der letzten linksalternativen Wohnprojekte, das
Haus wurde 1990 besetzt und 1991 legalisiert. Ungefähr 50 Leute wohnen auf
dem Wagenplatz um das Gelände. Der Grundstückseigentümer – offiziell die
Startezia GmbH, hinter der die Berliner Immobiliengruppe Sanus AG steht –
hatte mit Hinweis auf eine Baugenehmigung im Juni erfolgreich auf Räumung
geklagt. Einen [2][Eilantrag der BewohnerInnen zum Stopp der
Zwangsvollstreckung] wies das Berliner Kammergericht am Mittwoch ab (taz
berichtete).
So wurde mit einem massiven Polizeiaufgebot dann [3][am Freitag der
Köpi-Wagenplatz geräumt]: Die Einsatzkräfte rückten mit Wasserwerfern,
einem Rollpanzer und einem Panzerfahrzeug mit einer großen Schaufel am
vorderen Ende in der abgesperrten Köpenicker Straße ein. Laut Polizei waren
insgesamt 2.000 BeamtInnen im gesamten Stadtgebiet im Einsatz.
Die BewohnerInnen wehrten sich bis in den Nachmittag. Dunkelgrauer Rauch
stieg hinter dem bis zu vier Meter hohen Blechzaun um das Gelände hinauf,
hin und wieder flog eine Glasflasche vom Wagenplatz auf die Straße. Es lief
laute Musik, PolizistInnen und PressevertreterInnen wurden beschimpft. Bis
zum Abend wurden 38 BewohnerInnen vom Gelände geführt, im gesamten
Einsatzgebiet gab es bis zum Nachmittag 50 Freiheitsentzüge und
freiheitsbeschränkende Maßnahmen durch die Polizei.
Auf der Protestdemo am Freitagabend wiederholten sich die Szenarien von
tagsüber: Massives Polizeiaufgebot und Gegenwehr durch die
DemonstrantInnen. Immer wieder flogen Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper
in Richtung der PolizistInnen, aber auch auf Schaufenster. „Ganz Berlin
hasst die Polizei“, riefen die Köpi-UnterstützerInnen dabei im Chor. Dabei
hatte die Demonstration noch vergleichsweise ruhig begonnen, als die
DemonstrantInnen um 20 Uhr am Treffpunkt eintrafen. Umso lauter wurde es
dann, als die OrganisatorInnen zum Aufbruch aufriefen und den
Demonstrationszug in Richtung Köpenicker Straße starteten.
## Kapitalismuskritik
Die Demonstration am Freitagabend richtete sich zwar gegen die
Köpi-Räumung, sollte aber ein Zeichen gegen den gesamten Kapitalismus sein,
wie eine Demonstrierende vor Ort sagte. Mit Steinen zerkratzten die
Demonstrierenden den Lack von Autos, einer von ihnen schlug mit einem
Baustellenschild auf die Windschutzscheibe eines Mercedes-Coupé ein.
„A-Anti-Anticapitalista“, schrie der Demonstrationszug dabei im Chor.
An der Köpenicker Straße angekommen, durften die DemonstrantInnen nicht
passieren. Aufgrund der Räumung zähle die Straße noch immer zur „roten
Zone“, wie eine Polizistin der taz gegenüber äußerte. Eine
Polizeisprecherin schätzt die Teilnerhemerzahl der Demo auf 7.000 bis
8.000.
Nach der Auflösung der Demo kam es in Kreuzberg noch zu
Auseinandersetzungen zwischen einer kleineren Gruppe von Demonstrierenden
und der Polizei. Die Nacht verlief aber ruhig.
## „Nicht in Ordnung“
Die Gewalt auf der Demonstration verurteilten sowohl Franziska Giffey,
designierte Regierende Bürgermeisterin, als auch Innensenator Andreas
Geisel (beide SPD). „Was da passiert in der Stadt, wenn es um rechtmäßige
Räumung von Orten geht, dass Menschen der Meinung sind, mit massiver Gewalt
gegen Polizeikräfte ihren Willen durchzusetzen, das ist nicht in Ordnung“,
betonte Giffey im RBB-Inforadio.
„Ich verurteile die Gewalt der letzten Nacht. Was wir gestern erlebt haben,
ist keine politische Haltung, sondern blinde Zerstörungswut. Es ist
destruktiv und löst kein einziges Problem“, teilte Geisel auf Twitter mit.
Und weiter: „Es ist richtig, dass wir in Berlin Freiräume auch für
unkonventionelle Wohnformen und alternative Projekte brauchen. Das gehört
zu unserer Stadt. Aber diese Freiräume dürfen keine rechtsfreien Räume
sein.“
Der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, Benjamin Jendro, kritisierte die
Ausschreitungen ebenfalls. „Wer marodierend durch die Straße zieht,
Flaschen, Steine und Pyrotechnik auf Menschen wirft sowie wahllos Fahrzeuge
demoliert, gefährdet unser Zusammenleben. Das gilt im Übrigen nicht nur für
die, die die Steine werfen, sondern auch die Sympathisanten, die diesem
Aufruf zur Gewalt folgen“, sagt er.
Laut dpa wurden am Freitag im Rahmen der Räumung und der Demo insgesamt 76
Personen festgenommen und 46 Einsatzkräfte verletzt.
18 Oct 2021
## LINKS
[1] /Raeumung-des-Koepi-Wagenplatzes-in-Berlin/!5808274/
[2] /Koepi-Wagenplatz-vor-Raeumung/!5804468/
[3] /Raeumung-des-Koepi-Wagenplatzes-in-Berlin/!5808168/
## AUTOREN
Sara Guglielmino
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