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# taz.de -- Rosarote Realität
> Nach dem 4:0-Erfolg in Nordmazedonien wähnt man sich im DFB-Team wieder
> ganz weit vorne. Die ernsthaften Gegner kommen allerdings erst noch
Bild: Lust- und schwungvoll: Timo Werner stürmt aufs gegnerische Tor zu
Aus Skopje Marcus Bark
Das Tempo, mit dem die Eliteauswahl des DFB sich eine Teilnahmeberechtigung
für das Turnier in gut einem Jahr sicherte, sei „auf jeden Fall“ ein
Statement, sagte Torwart Manuel Neuer nach dem 4:0-Sieg am Montagabend
gegen Nordmazedonien. „Tolle Spiele, tolle Akzente“ machte der Kapitän in
den fünf Partien aus, die unter dem neuen Bundestrainer Hansi Flick bei
einer Tordifferenz von 18:1 sämtlich gewonnen wurden.
Neuers schon vor dem Spiel geäußerte Meinung, der WM-Titel sei
„realistisch“, schien bestätigt worden zu sein. Flick hörte sich die
Ausführungen im Medienraum des Nationalstadions in Skopje an, um dann
selbst mit angeschlagener Stimme beizupflichten. Er nahm zwar keinen
Begriff wie „Titel“ oder „Weltmeister“ in den Mund, aber sie schwangen …
diesen Sätzen mit: „Von der Qualität unserer Spieler, wenn man sich mal
anschaut, wo sie spielen, muss man einfach sagen, haben sie auch die
Qualität, gegen Italien, Spanien, Frankreich, Belgien zu bestehen. Ich bin
da sehr zuversichtlich.“
Es ist eher Wochen als Monate her, dass Flick als Bundestrainer vorgestellt
wurde. Ein wichtiger Auftrag, den er damals von seinem Arbeitgeber
diktiert bekam, war es, die bei zwei Turnieren hintereinander früh
gescheiterte Mannschaft zurück in die Weltspitze zu führen.
Diesen Prozess als nahezu abgeschlossen anzusehen scheint ziemlich forsch
zu sein, denn die bisherigen Gegner würden niemals behaupten, zur
Weltspitze zu gehören. Mit Kai Havertz, der nach einer zähen ersten
Halbzeit im Regen von Skopje mit dem Treffer zum 1:0 (50. Minute) einiges
erleichterte, trat auch einer der jungen Spieler mit dem neuen
Selbstbewusstsein auf „Wenn wir für Deutschland spielen, ist das Ziel
immer, Titel zu gewinnen, das höchstmögliche Ziel zu erreichen. Deswegen
werden wir dort so anreisen.“
Es muss etwas mit Vertrauen zu tun haben, das in den letzten Tagen des
Bundestrainers Joachim Löw und vielleicht ein paar Stunden danach
verschwunden war. Jetzt ist es wieder da, und der Grund hört auf den Namen
Hansi Flick.
Als Manuel Neuer gefragt wurde, ob vielleicht sogar er um eine Schonung für
die beiden restlichen Qualifikationsspiele im November gegen Liechtenstein
und in Armenien bitten werde, sagte er: „Ich glaube nicht, dass es einen
Spieler gibt, der um Freigabe bittet. Jeder hat Bock auf die
Nationalmannschaft.“ Sollte er die Lust nach der teilweise harschen Kritik
an seiner Leistung beim 2:1-Sieg gegen Rumänien vier Tage zuvor verloren
haben, fand sie auch Timo Werner wieder. Zwei Tore (70., 73.) erzielte der
erneut als Mittelstürmer aufgebotene Profi des FC Chelsea. „Ich brauche
dieses Vertrauen von außen, das gibt er mir zu hundert Prozent. Wenn der
Trainer auf einen setzt, dann hilft das jedem Spieler“, sagte Werner bei
RTL und gab damit die Komplimente an den Trainer weiter.
So rosarot, wie es die Hymnen und forschen Aussagen vermuten lassen, war
auch das Spiel gegen Nordmazedonien nicht richtig gezeichnet. Es gab viele
Fehlpässe und große Räume, den stärkere Gegner vermutlich ausgenutzt
hätten. Die Gewissheit, das Spiel zu gewinnen, kratzte bisweilen an
Überheblichkeit. Flick sah die Schwächen, deutete sie öffentlich allerdings
in Stärke um. „Mit dieser Mentalität ist einiges machbar“, blickte der
Bundestrainer schon auf das neue Jahr, in dem die Gegner stärker werden,
spätestens im Juni. Dann steht die Nations League an, die Gruppen werden am
16. Dezember ausgelost.
Die von Flick erwähnten Nationen Italien, Spanien, Frankreich und Belgien
haben in der vergangenen Woche gezeigt, wie hoch das Niveau in der
Weltspitze ist. Eine gründliche Analyse der deutschen Mannschaft würde
ergeben, dass ihr in der Viererkette, egal in welcher Besetzung, noch
einiges fehlt, um an dieses Niveau heranzureichen. Hansi Flick sagte das
auch, verpackte es aber in einen banalen Satz: „Bis zur WM ist es noch ein
weiter Weg.“
13 Oct 2021
## AUTOREN
Marcus Bark
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