| # taz.de -- heute in hamburg: „Kontrolliert, experimentell, ungelenk“ | |
| Interview Carla Geiger | |
| taz: Herr Hommer, welcher war der erste Comic, den Sie gelesen haben? | |
| Sascha Hommer: Oh, ich habe sehr früh Comics gelesen und bin nicht ganz | |
| sicher. Asterix und Obelix hat mich schon sehr geprägt, auch als ich noch | |
| gar nicht lesen konnte. Das musste mir wie ein Bilderbuch vorgelesen | |
| werden. | |
| Würden Sie das heute wieder lesen? | |
| Asterix und Obelix würde ich aus einem historischen Interesse immer noch | |
| lesen. Das sind Comics, die heute ein bisschen aus der Zeit gefallen | |
| wirken. Manche finden sie auch problematisch. Ich würde sie nicht zum | |
| Vergnügen lesen, sondern mit einem historischen Blick. Sie sind gut | |
| gezeichnet. | |
| Warum zeichnen Sie selbst Comics? | |
| Als ich angefangen habe, war ich noch sehr jung. Ich habe nachgezeichnet, | |
| was ich gesehen habe. Zum Beispiel Asterix und Obelix, aber auch Filme, die | |
| ich gesehen habe, Kinderfilme. Das Comiczeichnen ist meine Erzählform. In | |
| der professionellen Auseinandersetzung habe ich gemerkt, dass Comics als | |
| Medium viele Möglichkeiten bieten, etwas zu machen, das noch nicht gemacht | |
| wurde. Es ist noch nicht lange so, dass Comics vielfältige Themen behandeln | |
| und Verlage das auch verlegen wollen. | |
| Ihr Comic „Chawerim“ erzählt, wie jüdische Jugendliche sich auf die | |
| Auswanderung nach Palästina vorbereiten. Was ist das Besondere, wenn ein | |
| Comic Politisches erzählt? | |
| Ich denke, dass man mit gezeichneten Geschichten eine besondere Art der | |
| Intimität herstellen kann. Die Leser:innen bekommen eine Geschichte | |
| erzählt wie in einem Film, können aber selbst entscheiden, wie lange sie | |
| auf den Seiten verweilen. Gleichzeitig können die Figuren zeichnerisch | |
| vereinfacht werden und bekommen dadurch etwas Universelles. Man kann sich | |
| gut mit ihnen identifizieren, vielleicht besser als mit Schauspieler:innen. | |
| Gilt das auch für die drei identischen, kleinen Figuren in „Die Sommerreise | |
| der Griesgrame“? | |
| Der Text geht zurück auf den Autor Jan-Frederik Bandel. Ich denke, die | |
| Griesgrame sind ein Bild für eine Geisteshaltung, die sowohl bei Kindern | |
| als auch bei Erwachsenen anzutreffen ist, die sich von der Welt abschotten, | |
| aber trotzdem darauf angewiesen sind, etwas zu erleben. Für mich ist es | |
| einfach, mich mit den Griesgramen zu identifizieren und in ihnen eine | |
| bestimmte Art von toxischer Männlichkeit zu sehen, bei der es gut tut, sie | |
| abzulegen. Das ist aber nur, wie ich sie sehe. | |
| Wie entscheiden Sie, ob ein Comic schwarz-weiß oder farbig wird? | |
| Ich entscheide je nach Projekt, wie die Grafik aussehen soll. Ich arbeite | |
| viel lieber in Schwarz-Weiß, weil diese Limitierung mir Freiheit gibt. Dann | |
| muss ich nicht über die ganzen Farben nachdenken, die es sowieso schon | |
| gibt. Ich frage mich, warum künstlerische Arbeiten die Realität abbilden | |
| sollen. Es ist doch viel schöner, wenn Bücher und Filme artifiziell sind. | |
| Ihr Comic-Stil in drei Worten? | |
| Kontrolliert, experimentell, ungelenk. | |
| Wie funktionieren Comics in einer Ausstellung? | |
| Comics an der Wand in einer Galerie sind eher ein Problem als eine Lösung, | |
| denn sie sind in der Regel für Druckprodukte oder das Internet hergestellt. | |
| Manche Künstler:innen reagieren darauf, indem sie sich etwas Besonderes | |
| ausdenken und zum Beispiel kleine Installationen entwickeln. | |
| 1 Oct 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Carla Geiger | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |