# taz.de -- boulevard des besten: Blut, Wasser, Milch und Honig | |
Bild: Foto: taz | |
Blut ist ein ganz besonderer Saft. Von den GründerInnen der taz ist | |
überliefert, dass die Texte in ihrer Zeitung damit verfasst worden sein | |
sollen. Dass der Saft zu 50 Prozent aus Wasser besteht, relativiert die | |
Radikalität der redaktionellen Ambition. Was wahrscheinlich ganz vernünftig | |
ist. Außerdem bestehen taz-Mitarbeitende selbst ja auch zu ungefähr 70 | |
Prozent aus Wasser. Vielleicht ist das eine subtile Erklärung dafür, dass | |
auch die Höhe ihrer Gehälter nur zu 70 Prozent branchenüblich ist? | |
Kabbalistisch anmutende Assoziationen, die der völlig zu Unrecht | |
vernachlässigten Dramaturgie von Tafelwasseranlagen geschuldet sind, zu | |
deren Inszenierung der Redakteur dieser Seite den Autor dieses Textes | |
verpflichtete. | |
Das Thema ist so wichtig, dass es kürzlich sogar auf mehreren Seiten der | |
taz am wochenende unter fachkundiger Auskunft eines waschechten | |
Wassersommeliers vorgestellt wurde. In der beigestellten Reportage ließ uns | |
die Autorin an ihrem Drückvorgang teilhaben, der sie an eine | |
Toilettenspülung erinnere und mit dem sie Sprudel ins Wasser beförderte. | |
Das dazugehörende Gerät wird gegenwärtig massenwirksam in vielen Medien mit | |
dem Vorteil beworben, das Schleppen von Flaschen damit reduzieren zu | |
können. | |
Seit dem Einzug in den taz Neubau nutzen wir dafür eine Tafelwasseranlage. | |
Aus ihren Zapfstellen in den sechs Teeküchen fließt gekühltes und | |
gefiltertes Leitungswasser, wahlweise mit wenig, mit viel oder ganz ohne | |
Kohlensäure versetzt. Vierteljährlich wird die Anlage gewartet und | |
gereinigt, und die Filter, mit deren pulverisierter Aktivkohle Trübungen | |
und Schmutz bis zu 0,5 Mikrometer Größe sowie Asbest, Einzeller und andere | |
Kleinstorganismen entfernt werden, werden ausgetauscht. Folgt man den | |
Qualitätsangaben der Berliner Wasserbetriebe, kann das Kreuzberger | |
Leitungswasser zwar nicht die Bekanntschaft mit jahrmillionenaltem | |
Vulkangestein vorweisen, wie es vom Wassersommelier bevorzugt wird, stammt | |
aber immerhin aus dem unterirdischen Strom, den die letzte Eiszeit Berlin | |
hinterlassen hat. Es enthält mit durchschnittlich dreieinhalb Millimol pro | |
Liter eine ganz ordentliche Menge Erdalkalien und besitzt insgesamt eine | |
ausgezeichnete Qualität. Neben dem gesundheitsfördernden Aspekt hilft der | |
Komfort bei der Vermeidung organisch wachsender Leergutansammlungen, die | |
früher im Altbau die dazwischen verbleibenden Flächen zur Büronutzung immer | |
wieder einschränkten. Win-win. | |
Die komfortable Versorgung mit dem kostbaren Nass ist einer der | |
nichtpekuniären Vorteile eines Arbeitsplatzes in der taz, neben der | |
kostenfreien Nutzung der Hilfs- und Betriebsstoffe Kaffee und Tee – und der | |
flinken und freundlichen Tischbedienung im hauseigenen Restaurant taz | |
Kantine, in dem sich die medienschaffenden Mitarbeitenden zu | |
quersubventioniertem Speisen munter mit den Gästen mischen. Die taz ist ein | |
Ort, wo Wasser, Blut, Milch und Honig fließen. | |
Solche attraktiven Aspekte ersetzen die legendären Mängel der Gehälter der | |
Mitarbeitenden oder müssen das zumindest ansatzweise. Doch das funktioniert | |
nur so leidlich, leiden tut man trotzdem. Der Autor dieser Zeilen wäre | |
nicht er selbst, wenn er nicht spätestens an dieser Stelle die Biege zum | |
taz Abo fände. Vielleicht gefriert vor dem Gedanken so manchem das Blut in | |
den Adern, aber wenn dereinst die Gebühren vom Abo für den Inhalt | |
entrichtet werden statt für die Darreichungsform, könnte das Leiden besiegt | |
werden. Das passende Angebot haben wir auf jeden Fall vorrätig. Probieren | |
Sie es aus, wenn Sie noch keines haben sollten, oder empfehlen Sie es | |
weiter: [1][taz.de/wahlabo]. Andreas Bull | |
11 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Bull | |
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