# taz.de -- heute in bremen: „MehrVeganer*innen sind gut“ | |
Interview Pia Tönnissen | |
taz: Herr Niggli, ist der Ökolandbau die Lösung für steigende | |
Bevölkerungszahlen, Hungerkrisen, Umweltzerstörung und Klimawandel? | |
Urs Niggli: Nein, das ist rein mathematisch gar nicht möglich, denn der | |
Ökolandbau produziert zu wenig. Wenn der Fleischkonsum weiter so ansteigt, | |
müssen wir mehr als 50 Prozent mehr Lebensmittel herstellen, um 2050 alle | |
Menschen ernähren zu können. Außerdem werden zu viele Lebensmittel einfach | |
weggeworfen. Der Klimawandel schadet der Landwirtschaft, denn es kommen | |
immer wieder Katastrophen wie Trockenheit, Überschwemmungen dazu. | |
Wie stellen Sie sich die Landwirtschaft der Zukunft vor? | |
In Deutschland wird der Ökolandbau auf 25 Prozent wachsen, aktuell sind es | |
rund zehn Prozent. Das ist gut so, denn Ökolandbau fördert die | |
Bodenfruchtbarkeit und die Biodiversität. Die restlichen 75 Prozent | |
konventioneller Landbau müssen stetig ökologisiert werden: Beispielsweise | |
sollte der Einsatz von chemischen Pestiziden und Düngern stark reduziert | |
werden. Bestimmte Praktiken der Biobauern sollen übernommen werden, zum | |
Beispiel keine Monokulturen, der Anbau von eiweißreichen Hülsenfrüchten | |
oder die Kreislaufwirtschaft mit den Nährstoffen. Damit würde die ganze | |
Landwirtschaft umweltfreundlicher werden. | |
Alles bio und vegan – ist das die Lösung? | |
Nein, das Klima würde noch mehr Schaden nehmen, wenn alles bio sein würde. | |
Denn man braucht viel mehr Ackerflächen für ökologischen Landbau. Mehr | |
Veganer*innen sind gut – wenn alle vegan leben würden, wären die Gras- | |
und Weideflächen aber nicht mehr nutzbar. Es ist sinnvoll, wenn man diese | |
Flächen durch Tiere wie Kühe nutzt, die Gras verdauen können und Milch und | |
Fleisch produzieren. Ackerflächen sollten allerdings direkt von Menschen | |
genutzt und die Ernte nicht an Tiere verfüttert werden. Wir müssen | |
ökologisch wirtschaften und den Verbrauch an Lebensmitteln konsequent | |
senken und trotzdem mehr produzieren. Diese Herausforderung kann man nur | |
lösen, wenn alles Wissen zur Landwirtschaft, das weltweit da ist, genutzt | |
wird und die Wissenschaft Fortschritte einbringt. | |
Was können Verbraucher*innen tun? | |
Verbraucher*innen müssen an der Problemlösung beteiligt werden. Wir | |
müssen den Fleischkonsum etwa halbieren und Lebensmittel einfach | |
wegzuschmeißen, ist eine ökologische Katastrophe. Der Weg dahin, sich | |
gesund zu ernähren, die natürliche Umwelt zu schonen und für alle genug | |
Essen zu haben, ist ein und derselbe! | |
7 Sep 2021 | |
## AUTOREN | |
Pia Tönnissen | |
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