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# taz.de -- Experimente im E-Werk
> Im Verein ist Kunst am schönsten (5): Zu Recht zählen die Kunstvereine
> seit 2021 zum immateriellen Weltkulturerbe. Ihre Erkundungs- und
> Vermittlungsarbeit macht Gegenwartskunst für jeden erfahrbar – noch bevor
> sie im Museum einstaubt. Und jeder hat seine ganz eigene Geschichte: Die
> taz erkundet ihren Beitrag zum norddeutschen Kulturleben in Porträts.
> Diesmal: Schwerin
Bild: Immer wieder neu gedachte, minimalistische zugleich und gestische Abstrak…
Von Hajo Schiff
Bespielt [1][ein Kunstverein] ein Fabrikgebäude von 1903, ist eine
interessante Abfolge unterschiedlicher Räume gesichert. Dazu liegt in
diesem Fall der Neorenaissance-Industriepalast noch relativ zentral und hat
eine eigene Bootshaltestelle am Nordufer des Schweriner „Pfaffenteichs“.
Bloß: Die durchaus schöne der Landeshauptstadt ist nicht gerade ein
Brennpunkt aktueller Kunst.So hat der engagierte Verein [2][„Kunsthalle im
E-Werk“] nur um die 100 Mitglieder. Die Gründung ging 2002 wesentlich auf
Anregung von Kornelia von Berswordt-Wallrabe zurück. Bis heute im Vorstand
des Vereins, hatte die damalige Direktorin des [3][Staatlichen Museums
Schwerin] ebendort für viel frischen Wind gesorgt, unter anderem mit Ankauf
einer der wichtigsten Sammlungen von [4][Arbeiten Marcel Duchamps] für das
bis dahin vor allem für seine niederländischen Kleinmeister bekannte
Museum. Aber ein Platz für junge, auch experimentelle Kunst fehlte.
Fanden die Aktivitäten des neuen Kunstvereins die ersten Jahre über an
verschiedenen Orten statt, sogar im Dom, stehen ihm seit 2007 etwa 250
Quadratmeter im Nordwestflügel des renovierten ehemaligen
Elektrizitätswerks zur Verfügung. Andere Teile des Hauses nutzen das
Mecklenburgische Staatstheater und das Puppentheater Schwerin.
## Abstraktion und Apparate
Seit Ende 2018 leitet den Verein Nadine Grünewald, zuvor im
oberschwäbischen Kunstmuseum Ravensburg mit Expressionismus und den
malerisch „wilden“ Gruppen Spur und Cobra befasst. Auf welchen Aspekt der
heutigen Kunst sie bei den jährlich etwa fünf Einzel- und thematischen
Gruppenausstellungen einen Schwerpunkt legt, zeigt sich beispielhaft im
derzeitigen Gastspiel [5][von Jenny Brosinsk]i: Metergroße Leinwände und
plastische Wandobjekte zeigen eine immer wieder neu gedachte, zugleich
minimalistische und gestische Abstraktion, trotz einzelner Schriftelemente
und aufscheinender Bildhaftigkeit sehr reduziert und oft mit Spuren eines
rätselhaften längeren Gebrauchs. Dazu spielt die Keramik der in Berlin
lebenden Künstlerin, geboren 1984 in Celle, mit ironisch gebrochener, teils
grotesker, kindhaft bunter Figuration. Genauso möglich ist im E-Werk die
Erforschung des zeitgenössischen Kunstwerts spröder Materialien: Die
[6][Ausstellung „nearly instant, nearly raw“] – Teil 2 steht im September
an – überführt handelsüblichen Baumarktbedarf und simple Technik in
skulpturale Objekte, Rauminstallationen, kunstvolle Apparaturen und
performative Aktionen.
Der vorangegangene Direktor Andreas Wegner setzte die Schwerpunkte
vielleicht etwas expliziter politisch, so 2017 mit einem umfangreichen
Projekt zu den „Madgermanes“, wie sich die ehemaligen Vertragsarbeiter aus
Mosambik bezeichnen, die zwischen 1979 und 1991 in der ehemaligen DDR
lebten. Unter Wegners Leitung begann auch die Kooperation mit der Berliner
„Gesellschaft der Neuen Auftraggeber“ um Alexander Koch und Gerrit Gohlke,
die nach französischem Vorbild gesellschaftliche Gruppen animieren will,
Künstlerinnen und Künstler mit der Lösung lokaler bürgerlicher Anliegen zu
beauftragen – statt dass wie sonst, erst die Kunst fertig ist und sich dann
einem mitunter wenig begeisterten Publikum gegenüber sieht.
So wie das Museum Abteiberg in Mönchengladbach für Nordrhein-Westfalen, ist
der Schweriner Kunstverein für Mecklenburg-Vorpommern Ankerpunkt eines
Pilotprojekts für mehr Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft und Kunst. Doch
wie bei den meisten Kunstvereinen nimmt Eines auch in Schwerin einen immer
größeren Teil der Arbeit von künstlerischer Leitung und Vereinsvorstand
ein: das Einwerben weiteren Geldes, zusätzlich zur geringen Förderung durch
Stadt und Land; um damit Experimente zu ermöglichen und –neben den
regionalen –auch kostspieligere überregionale Postionen zeigen und
vermitteln zu können.
Jenny Brosinski – „Doch“: bis 29. 8.; am 17. 9. eröffnet „nearly insta…
nearly raw – part II“ (Felix Kiessling, Schirin Kretschmann, Kriz Olbricht;
bis 21. 11.); www.kunstverein-schwerin.de
18 Aug 2021
## LINKS
[1] /!s=%22Im+Verein+ist+Kunst+am+sch%C3%B6nsten%22/
[2] http://www.kunstverein-schwerin.de/der-kunstverein/geschichte/
[3] https://www.museum-schwerin.de/
[4] /!5059238/
[5] http://www.kunstverein-schwerin.de/2021/jenny-brosinski/
[6] http://www.kunstverein-schwerin.de/2021/nearly-instant-nearly-raw/
## AUTOREN
Hajo Schiff
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