# taz.de -- berliner szenen: Inspiration beim Frühstück | |
Vom Regen überrascht suche ich Zuflucht in einem Café in der | |
Simon-Dach-Straße. Das Frühstück ist ausgezeichnet, das hätte ich nie | |
gedacht, so arrogant, wie ich die touristische Straße schon seit Jahren | |
meide. Ich verbringe einen traumhaft entspannten Moment mit Kaffee, | |
Croissant und Zeitung. Knisterndes Papier, platschender Regen, und die | |
Schwüle des Morgens verrinnt auf dem Gehsteig. | |
An den Tisch neben mir setzt sich ein junger Mann mit seinen Eltern. Der | |
Vater scheint Mühe zu haben mit der Speisekarte, aber ich muss dem Sohn | |
Recht geben: Es ist die übersichtlichste Karte, die auch ich je gesehen | |
habe. Mit jeder weiteren Frage des Vaters steigt die Ungeduld des Sohnes, | |
doch schließlich einigen sie sich auf Menemen und einen laktosefreien | |
Joghurt. | |
Die Mutter hätte gerne einen schwarzen Tee und fragt die kaum | |
achtzehnjährige Bedienung, ob sie Earl Grey habe. „Ich weiß nicht“, sagt | |
diese verunsichert. „Vielleicht Darjeeling?“ Sie könne nachfragen, bietet | |
die junge Frau an, aber auf der Box stehe Schwarztee, ob das auch in | |
Ordnung sei. Das sei auch in Ordnung, sagt die Mutter, dann nehme sie | |
diesen Schwarztee. | |
Ich bestelle einen mit, denn der Dialog hat mich inspiriert. Wie würde der | |
Tag der drei weitergehen? Wo würden Sie hingehen, der genervte Sohn mit | |
seinem beginnend vergesslichen Vater und der freundlichen Mutter? Ich tippe | |
auf das Stasi-Museum. „Wie wäre es mit dem Stasi-Museum?“, fragt die | |
Mutter. „Ja“, sagt der Vater, „da wollte ich immer schon mal hin.“ Auch… | |
habe plötzlich Lust darauf. Der Sohn aber verdreht die Augen. „Da waren wir | |
doch letztes Mal!“ „Da kann man doch gar nicht oft genug hin“, sagt die | |
Mutter. | |
Schnell zahle ich, um vor ihnen da zu sein, nicht, dass sie denken, ich | |
ahmte ihnen alles nach. Eva Mirasol | |
22 Jul 2021 | |
## AUTOREN | |
Eva Mirasol | |
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