# taz.de -- heute in bremen: „Jüngere waren stärker betroffen“ | |
Interview Jasmin Koepper | |
taz: Herr Bagus, ist Depression eine typische Reaktion auf die Pandemie? | |
Peter Bagus: Teilweise schon. Viele Menschen sind in der Pandemie in | |
soziale Isolation geraten und konnten sportliche Aktivitäten nicht mehr in | |
dem üblichen Umfang durchführen. Das führt dazu, dass depressive Tendenzen | |
zunehmen. Hier in der Ambulanz ist aufgefallen, dass vor allem Jüngere | |
zwischen 20 und Anfang 30 gekommen sind, also Menschen, die nicht in festen | |
familiären Bezügen leben und besonders durch wegfallende soziale Kontakte | |
und den Verlust beruflicher Perspektiven betroffen sind. Die Pandemie ist | |
ein verstärkender Faktor bestehender Depressionen, aber auch einer, der | |
Menschen in diese Situation gebracht hat. Beim Abklingen der Pandemie | |
merken wir, dass sich ältere geimpfte Patienten melden, die vorher Angst | |
vor Ansteckung hatten. | |
Woran erkennt man eine Depression? | |
Zum einen an Antriebs-, Freud- und Perspektivlosigkeit, verstärkter | |
Traurigkeit, innerer Leere, Sinnlosigkeitserleben bis hin zu | |
Lebensmüdigkeit. Aber auch Schlafstörungen, Konzentrationseinbußen, | |
Appetitlosigkeit und Angst können Beschwerden einer Depression sein. Auch | |
Schmerzstörungen können sich verstärken. | |
Was können Menschen selbst dagegen tun? | |
Ganz entscheidend ist für die, die noch nicht so stark in einem depressiven | |
Strudel sind, dass sie soziale Kontakte aktiv pflegen und sich um | |
ausreichende körperliche Betätigung kümmern. Das kann ein regelhafter | |
täglicher Spaziergang sein. Dazu kommt regelmäßiges Schlafverhalten und | |
regelhafte Ernährung. Das sind Basics, die aber wirklich sehr, sehr wichtig | |
sind. Wenn man aus dem Gleichgewicht gerät, ist der erste Ansprechpartner | |
der Hausarzt. | |
Wie verhält man sich, wenn ein Mensch im eigenen Umfeld an einer Depression | |
erkrankt ist? | |
Es ist wichtig, das Gespräch zu suchen und offen anzusprechen, wenn man | |
merkt, dass etwas nicht stimmt. Ist es eine tiefere Problematik, dann | |
sollte man demjenigen raten, den Hausarzt aufzusuchen für eine | |
differenzierte Diagnose. Dafür müssen körperliche Untersuchungen | |
durchgeführt werden wie Blutabnahme oder eine Messung der | |
Schilddrüsenparameter. Depression kann zum Beispiel auch von einer | |
Schilddrüsenfunktionsstörung ausgelöst werden. Hausärzte sind in den | |
letzten Jahrzehnten bezüglich psychosozialer Grundqualifikationen umfassend | |
geschult worden. Diese leiten dann gegebenenfalls weitere Schritte ein. | |
Zudem gibt es in jedem Stadtteil psychosoziale Beratungsstellen, die eng | |
mit der Psychiatrie verknüpft sind. Wenn Menschen wenig Berührungspunkte | |
damit haben, ist es einfacher, erst mal zum Hausarzt zu gehen. Für Notfälle | |
hat Bremen einen Krisendienst für psychische Erkrankungen. | |
Was bringt die kurze Sprechstunde am Telefon für jemanden, der eigentlich | |
eine Therapie bräuchte? | |
Die kurze Sprechstunde kann ein erster Schritt sein, um weitere Schritte | |
einzuleiten. Wer mehr Beratungszeit braucht, kann sich bei uns für eine | |
reguläre Sprechstunde anmelden. Im Grunde geht es darum, aufmerksam zu | |
machen: Es gibt hier eine psychosomatische Ambulanz. Viele Menschen wissen | |
das nicht. Für manche ist eine Kontaktaufnahme über die Psychosomatik | |
einfacher. | |
Was ist da der Unterschied? | |
Die Psychosomatik berücksichtigt in besonderer Weise akute reaktive Krisen, | |
die mit psychotherapeutischen Mitteln zu behandeln sind, aber auch in | |
besonderer Weise das körperliche Geschehen. | |
2 Jul 2021 | |
## AUTOREN | |
Jasmin Koepper | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |