# taz.de -- heute in bremen: „Die meisten gewöhnen sich an die Regeln“ | |
Interview Jasmin Koepper | |
taz: Herr Otten, wie fühlt es sich an, wieder die Türen für | |
Besucher:innen zu öffnen? | |
Dirk Otten: Das ist ein schönes Gefühl, weil das doch ein bisschen einsam | |
war in letzter Zeit. Da hat man sich gefragt: „Wofür ist die schöne Bühne, | |
die wir in unser Außengelände gezimmert haben, denn da?“ Und bei den ersten | |
beiden Konzerte dieses Jahr, die wieder stattfinden konnten, waren dann | |
alle ganz selig – Künstler, Publikum und das Team der Schule 21. Letztes | |
Jahr hatten wir zwischen den beiden Lockdowns nur ein einziges Konzert im | |
September, dann war es zu nass und zu kalt – und dann wurde auch schon | |
alles wieder dichtgemacht. Das ist jetzt ein großer Aufbruch gerade. | |
Sind die Konzerte eine Herausforderung mit den ganzen Hygienevorschriften? | |
Alle sind ein bisschen unsicher. Man merkt, dass die Leute etwas verzagt | |
hereinkommen. Aber die meisten gewöhnen sich schnell an die Regeln und | |
fühlen sich dann auch sicher bei uns. Und unter freiem Himmel ist die | |
Stimmung eh entspannter. | |
Und bei schlechtem Wetter? | |
Wenn es geht, versuchen wir den Termin nachzuholen. Andernfalls müssen wir | |
nach drinnen, in den Veranstaltungsraum, aber da dürfen derzeit nur 15 | |
Menschen inklusive Künstler rein. Selbstverständlich unter Einhaltung aller | |
Schutzmaßnahmen. Manchmal kooperieren wir auch mit dem Bürgerhaus | |
Hemelingen, da ist Platz für 27 Menschen. | |
Welche Musik wird heute gespielt? | |
Heute und morgen finden zwei Doppelkonzerte von dem Musikerpaar Freschard | |
und Stanley Brinks statt. Für heute Abend sind wir so gut wie ausverkauft, | |
für morgen gibt es noch einige Karten. Jeder der beiden spielt ein eigenes | |
Repertoire. Heute spielt Freschard begleitet von Brinks und morgen | |
andersherum. Die beiden machen Anti-Folk. | |
Was ist Anti-Folk? | |
Das ist vorwiegend akustische Musik, oft von vormaligen Punkern, die auf | |
Folk-Elementen aufbaut. Wesentlicher Bestandteil sind die Texte, urban, | |
witzig, gerne auch mal politisch. Die ganze Szene ist sehr DIY-lastig, | |
alles wird selbst gemacht und vertrieben. Die beiden sind dafür ein gutes | |
Beispiel. Sie haben unzählige Platten ohne Label produziert und reisen seit | |
Jahren als Musiknomaden durch die Welt. Musikalisch spielt sich das | |
zwischen den Polen Calypso und Chanson ab. | |
Was sagen die Nachbar:innen zu den Konzerten draußen? | |
Mit den Nachbarn haben wir keine Probleme. Wir stehen hier im Hemelinger | |
Niemandsland. Da ist nur das Ortsamt und die katholische Kirche. Wenn | |
jemand aus dem Stadtteil vorbeikommt, freuen sie sich, das hier wieder | |
Leben ist. | |
Wie kommen Sie mit dem finanziellen Risiko einer Konzertveranstaltung klar? | |
Letztes Jahr hätte uns das fast zum Stillstand gebracht. Als ehrenamtlich | |
fundierter Verein haben wir zwar keine Personalkosten, aber wir hatten | |
viele zusätzliche Ausgaben durch den Bau der Außenbühne und Anschaffungen | |
für Veranstaltungstechnik und Sanitäres. Gleichzeitig gab es praktisch | |
keine Einnahmen aus Veranstaltungen. Von der Kulturbehörde kam viel | |
Zuspruch, aber leider wenig Zuwendung. Wir haben uns dann mit Spenden und | |
privaten Mitteln über Wasser gehalten, bis Anfang des Jahres Unterstützung | |
aus dem Bremen-Fonds kam. Inzwischen erhalten wir eine Programmförderung | |
aus Bundesmitteln des „Neustart Kultur“. Dadurch können wir die Künstler | |
angemessen und verlässlich vergüten, selbst wenn es einen neuen Lockdown | |
geben sollte. So sind wir da durchgeschlittert und können das auch | |
weiterhin stemmen. | |
25 Jun 2021 | |
## AUTOREN | |
Jasmin Koepper | |
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