# taz.de -- „Stimme der Betroffenen hören“ | |
> Zainab Lantan hofft, dass sich Betroffene von Diskriminierung häufiger | |
> Hilfe holen | |
Interview Kaja Weber | |
taz: Frau Lantan, wie können sich Menschen wehren, die Rassismus erleben? | |
Zainab Lantan: Jeder Mensch und jede Situation ist individuell, die | |
Handlungsstrategien vielfältig. Wichtig ist, dass die Betroffenen sich | |
Unterstützung holen können, zum Beispiel bei einer Beratungsstelle wie | |
unserer. | |
Warum? | |
Viele wollen zum Beispiel am Arbeitsplatz keinen Ärger machen. Oft erfahren | |
sie Abwehrreaktionen. Gleichzeitig sollten die Betroffenen Diskriminierung | |
nicht hinnehmen. Da hilft es, fachliche Unterstützung zu bekommen, bevor | |
eine Situation immer schlimmer wird. Und falls es um rechtliche Schritte | |
geht, gelten Fristen. | |
Was genau machen Sie in der Beratungsstelle „Amira“? | |
Menschen kommen für Erstberatungsgespräche, wir entwickeln Pläne, was getan | |
werden kann und begleiten diese auch. Viele Menschen, die Diskriminierung | |
erleben, melden sich aber gar nicht bei Stellen wie uns. Häufig auch, weil | |
das Angebot und ihre Rechte gar nicht bekannt genug sind. | |
Worüber wollen die Menschen sprechen? | |
Menschen werden aufgrund Ihrer Herkunft, Religion oder Ihres Aussehens | |
schlecht behandelt. Beispielsweise, weil Sie Kopftuch tragen und muslimisch | |
gelesen werden. Der Lebensbereich, über den die Ratsuchenden am häufigsten | |
mit uns sprechen, ist Arbeit. Dabei geht es um Fälle direkt am Arbeits- | |
oder Ausbildungsplatz, aber auch um die Jobsuche. Im vergangenen Jahr haben | |
wir auch mehr von Menschen gehört, die sich von der Polizei diskriminiert | |
fühlen, etwa bei Kontrollen oder wenn sie selbst die Beamten anrufen. | |
Und was machen Sie konkret, um zu helfen? | |
Auch da gibt es nicht nur einen einzigen Weg: Wenn jemand eine schriftliche | |
Beschwerde gegen eine diskriminierende Situation einreichen möchte, helfen | |
wir dabei, einen Brief an die verantwortliche Organisation oder Person zu | |
schreiben oder wir sind bei einem klärenden Gespräch zwischen beiden | |
Parteien dabei. Wichtig ist uns, dass die Stimme der Betroffenen gehört | |
wird. Wir versuchen aber mit der Perspektive der anderen Seite zu arbeiten, | |
damit ein Gespräch möglich wird. | |
Vielen weißen Menschen ist es unangenehm, über Rassismus zu sprechen. Wie | |
kann man sich als Nicht-Betroffene*r für das Thema sensibilisieren? | |
Erst mal ganz viel lesen und lernen, es gibt Bücher und viele Informationen | |
online. Auch Antirassismus-Trainings helfen, mehr Bewusstsein zu schaffen. | |
Und: Betroffenen von Rassismus zuhören. Oft gibt es Abwehrreaktionen, wenn | |
man über Rassismus spricht. Ein erster Ansatz ist es, zu verstehen, dass | |
wir alle von Rassismus geprägt sind. Menschen müssen für sich akzeptieren: | |
Es ist möglich, dass man etwas Rassistisches tut. Das heißt nicht, dass man | |
ein Nazi ist. Aber nur zu sagen: „Ich bin kein Rassist“ und abwehrend zu | |
sein, verändert nichts. | |
19 May 2021 | |
## AUTOREN | |
Kaja Weber | |
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