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# taz.de -- In den Wäldern des Nordens
Bild: Russland, März 2018: Gennady Tugushin in seinem Habitat im Dorf Berdyshi…
Von Gunda Schwantje
In Japan schweben Fotograf Jeroen Toirkens und Autor Jelle Brandt Corstius
in der Gondel eines Krans über den Baumkronen des borealen Waldes. In der
Ferne ein Vulkan, der qualmende Schornstein einer Papierfabrik, unter ihnen
dichte Waldvegetation. Das reisende Duo in Sachen borealer Wälder ist zu
Besuch bei Wissenschaftler*innen, die diesen Wald, den Tomakai Experimental
Forest, von der Krone bis ins weitverzweigte Wurzelwerk untersuchen. Auf
der Insel Hokkaido wird außerdem auf diesem Testgelände, in dem Wald unter
ihnen, seit neun Jahren künstlich eine Temperaturerhöhung des Bodens von
vier Grad Celsius simuliert. Was blüht dem Wald – ein Zukunftsszenario für
unseren Blauen Planeten?
Die Japanreise war Teil des Langzeitprojekts „Borealis – Life in the
Woods“. Jeroen Toirkens und Jelle Brandt Corstius machten sich in vier
Jahren achtmal in die großen Wälder der nördlichen Hemisphäre auf, die
größte Vegetationszone der Erde. Die Geschichten der Bewohner*innen, die in
diesen Wäldern ihr Zuhause haben, hielten sie fest im Wort und in einer
stillen, eindringlichen Fotografie. Die borealen Waldgürtel aus vorwiegend
Nadel- und Birkenwäldern erstrecken sich rund um die nördliche Halbkugel,
in Europa, Asien und Nordamerika. Dreißig Prozent aller Bäume weltweit
wachsen in dieser Vegetationszone. Die borealen Bäume sind lebenswichtig
für das globale Klima. Sie setzen große Mengen an CO2-Emissionen in
Sauerstoff um, sie speichern auch CO2. Weniger als 12 Prozent dieser Wälder
sind geschützt, recherchierte Brandt Corstius.
Auf der Reise zu den Cree, den Ureinwohnern in Kanadas Norden, hatte
Fotograf Toirkens ein Schlüsselerlebnis. Einige Cree waren ihnen auf ihrer
Tour vorausgefahren, die Spur ihrer Motorschlitten tief im Schnee.
Toirkens’ Gefährt schlug um, er bat den Reisegenossen, Hilfe zu holen. Dann
stand er allein in der Tundra. Toirkens: „Ich spürte die schiere Dimension
dieses Waldes und konnte mich auf einmal einfühlen, wie es wäre, dort zu
leben.“ Das sagt einer, der seit 1999 in intensivem Kontakt mit den letzten
Nomadenvölkern der nördlichen Hemisphäre ist, deren raue Lebensrealität in
„Nomadslife“ beschrieben hat, gemeinsam mit Brandt Corstius.
Zu Gast bei Holzfällern in Norwegen und Russland, laut Toirkens „Menschen,
die für die Holzindustrie arbeiten und zugleich ihren Wald erspüren und
lieben in einer Weise, die wir uns überhaupt nicht vorstellen können“. In
Schottland besuchen sie ein Wiederaufforstungsprojekt, an den Wald erinnern
oft nur noch vereinzelte Bäume. „Beim Kahlschlag fällt man nicht nur die
Bäume, sondern zerstört auch die Waldböden. Davon erholt sich ein Wald in
hundert Jahren nicht. Der Schutz der Wälder ist eine Frage des langen
Atems.“ Während im vergangenen Sommer die Bilder von den verheerenden
Bränden in Sibirien um den Globus gingen, dokumentiert Toirkens schwelende
Brände. Bewusstsein schaffen durch Geschichten und Bilder, das ist der
Auftrag von Borealis.
15 May 2021
## AUTOREN
Gunda Schwantje
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