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> Bremen bewerbt sich als eine von 170 „Host Towns“ für die weltweit grö�… | |
> Sportveranstaltung für Menschen mit geistiger Behinderung. In der Politik | |
> hofft man auf inklusive Wirkung über den Sport hinaus | |
Bild: Zieleinlauf bei den nationalen Special Olympics in Kiel 2018 | |
Von Mahé Crüsemann | |
Bremen bewirbt sich. Zusammen mit Bremerhaven will man 2023 Gastgeberin für | |
eine von 170 Delegationen von Sportler*innen aus aller Welt werden. Zum | |
ersten Mal werden in zwei Jahren die Special Olympics World Games in | |
Deutschland ausgetragen. Es ist die weltgrößte Sportveranstaltung, bei der | |
Menschen mit geistiger Behinderung und Mehrfachbehinderte gegeneinander | |
antreten. | |
Auch gemischte Teams mit behinderten und nicht-behinderten Athlet*innen | |
werden sich messen. Austragungsort ist Berlin, hier werden in zwei Jahren | |
bis zu 7.000 Sportler*innen erwartet. Die Organisator*innen haben | |
ein sogenanntes „Host Town Programm“ eingerichtet. Unter dem Motto „170 | |
Nationen – 170 inklusive Kommunen“ sollen die Delegationen aus aller Welt | |
für die Dauer der Spiele in Kommunen im ganzen Land untergebracht werden. | |
Bremen und Bremerhaven möchten dazu gehören. Letzte Woche stimmte die | |
Bürgerschaft für eine Bewerbung als Host Town. Im Herbst diesen Jahres ist | |
Bewerbungsschluss. | |
„Host Town zu sein bei den Special Olympics World Games, hat eine große | |
Strahlkraft“, sagt Christine Nienaber, Geschäftsstellenleiterin von Special | |
Olympics Bremen (SOB). Dieses Jahr hätten in Bremen eigentlich die alle | |
vier Jahre ausgetragenen Landesspiele der Special Olympics stattfinden | |
sollen. „Die werden dieses Jahr ersatzlos ausfallen – wegen Corona.“ Darum | |
sei sie sehr froh, dass Bremen Teil von den internationalen Spielen in zwei | |
Jahren werden wolle. „Das würde auf jeden Fall viel Aufmerksamkeit für das | |
Land und die Mitmenschen bedeuten“, sagt sie. | |
Seit seiner Gründung 1991 setzt sich der Special Olympics Deutschland e. V. | |
(SOD) dafür ein, die sportliche Betätigung von Menschen mit geistiger und | |
mehrfacher Behinderung zu fördern auf Basis der | |
UN-Behindertenrechtskonvention. Die sieht unter anderem eine Verbesserung | |
der Teilhabe vor – das bedeutet mehr Wahlmöglichkeiten und ein einfacherer | |
Zugang zu Sportangeboten für geistig Behinderte. Und das würde gleichzeitig | |
mehr Teilhabe an der Gesellschaft bedeuten, heißt es auf der Website der | |
SOD. Während bei den Paralympics der Fokus auf Sport von Menschen mit | |
Körper- und Sinnesbehinderungen liegt, messen sich bei den Special Olympics | |
primär Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. | |
„In Bremen finden zwar keine Spiele statt, aber es muss hier natürlich | |
Trainingsmöglichkeiten für die Athlet*innen geben“, sagt Christine | |
Nienaber. Ein Sportverein müsse dafür barrierefrei sein. „Und | |
‚barrierefrei‘ bedeutet nicht nur eine Rollstuhlrampe, sondern auch | |
Barrierefreiheit im Kopf“, sagt sie. Dafür müssten Vereine sich öffnen. In | |
Bremen sei das aber glücklicherweise bei den meisten bereits der Fall. „Es | |
ist natürlich immer noch Luft nach oben“, sagt Nienaber. „Aber Bremen ist | |
in vielen Bereichen schon barrierefrei, das sind gute Voraussetzungen.“ | |
Welche Größe die Delegation haben wird, die im Sommer 2023 in Bremen | |
aufgenommen wird und aus welchen Land die Athlet*innen kommen werden, | |
ist noch offen. Die Teamgrößen der unterschiedlichen Länder reichen von | |
sechs bis zu 400 Mitgliedern. Sollte Bremen Host Town für eine der | |
Delegationen werden, sei man aber in jeden Fall vorbereitet, sagt Bernd | |
Schneider, Sprecher der Sozial- und Sportsenatorin Anja Stahmann (Grüne). | |
„Die Federführung bei der Bewerbung hat das Sportamt“, sagt er. Wen man in | |
den verschiedenen Konzeptphasen noch mit einbinde, werde sich noch zeigen. | |
Auch was die Kosten angeht, gebe es noch keine Entscheidung. „Das Konzept | |
wird so gefasst, dass es sich im Haushalt darstellen lässt“, sagt | |
Schneider. | |
Arne Frankenstein ist Jurist und Landesbehindertenbeauftragter in Bremen. | |
Erst seit Anfang Mai im Amt, ist er erst der zweite, der den Posten in | |
Bremen bisher überhaupt innehatte. Frankenstein freut sich über den | |
Entschluss Bremens, sich als Host Town für die SOD zu bewerben: „Durch | |
seine Bewerbung macht Bremen deutlich, dass behinderte Menschen aus aller | |
Welt bei uns willkommen sind“, sagt er. | |
Wie Christine Nienaber vom SOB hält auch er das inklusive Sportangebot in | |
Bremen schon für sehr gut. „Wichtig wäre aus meiner Sicht, das | |
Selbstverständnis im Breitensport dahingehend zu verändern, dass | |
gemeinsames Sporttreiben von Menschen mit und ohne Behinderung von der | |
Ausnahme zur Regel wird“, sagt er. | |
Die Weltspiele böten eine tolle Gelegenheit, das Potenzial von Inklusion | |
durch Sport sichtbar zu machen. Man könne über die Bedingungen ins Gespräch | |
kommen, die wir gemeinsam brauchen, um gut zusammenzuleben. „Ich wünsche | |
mir, dass damit auch ein Signal für die gleichberechtigte Teilhabe aller | |
Menschen verbunden ist, das über den Sport hinausgeht“, sagt er. „Eine | |
inklusive Gesellschaft werden wir nur dann, wenn behinderte und | |
nichtbehinderte Menschen überall ihre Lebenswelten teilen.“ | |
17 May 2021 | |
## AUTOREN | |
Mahé Crüsemann | |
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