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# taz.de -- Letztes Schlupfloch soziale Medien
> In Myanmar stehen unabhängige Journalisten nach dem Militärputsch vor dem
> Nichts. Sie können nur noch in sozialen Medien publizieren, sofern das
> Internet zugänglich ist
Aus Yangon Nyein Ei Ei Htwe
Nach 15 Berufsjahren ist der freie Journalist Min Htet San kürzlich von der
teuren Großstadt Yangon wieder in das Dorf seiner Eltern im Norden Myanmars
gezogen, um dort auf deren Farm zu arbeiten. Denn den unabhängigen Medien,
für die er bisher gearbeitet hatte, wurde vom Putschmilitär Anfang März die
Lizenz entzogen. Sie publizieren jetzt nur noch bei Facebook, Twitter und
Instagram. Die Fernsehsender MWD und MRTV des Militärs senden dagegen
weiter und verbreiten Fake News.
Seit dem Putsch gebe es sehr viele Nachrichten auf Facebook, sagt er, aber
es sei sehr schwer, deren Wahrheitsgehalt zu prüfen. „Heute morgen sah ich
bei Facebook viele Posts, dass bestraft würde, wer schwarze Masken oder
T-Shirts trägt. Aber ich konnte das nicht bestätigt bekommen. Ich habe
viele angerufen, die das gepostet hatten. Es stellte sich heraus, niemand
hatte das selbst erlebt oder gesehen, sondern ungeprüft einfach weiter
verbreitet.“
Viele Posts in den sozialen Medien seien nicht sehr akkurat, räumt
Journalistentrainerin Ma Tin Zar ein. Doch seien die von sogenannten
Bürgerjournalisten verbreiteten Nachrichten wichtig, um Menschen im Exil
wie in internationalen Medien über die Entwicklungen zu informieren. In
jedem Ort Myanmars gebe es mindestens eine Gruppe, die den Nachrichtenfluss
organisiere. Die Menschen wüssten, wie wichtig Informationen seien. „Sie
dokumentieren deshalb mit ihren Handykameras Ereignisse“, sagt Ma Tin Zar.
„Die Qualität mag nicht die beste sein, aber die Bürgerjournalisten lassen
sich nicht stoppen, obwohl das Militär das versucht.“
Seit der ersten Aprilwoche ist in vielen Regionen der Internetempfang per
Satellit verboten, Satellitenschüsseln wurden vom Militär zerstört. Wer
sienoch betreibt, dem droht eine Strafe von 100.000 Kyat (60 Euro). „Einige
wenige haben wie ich einen Festnetzanschluss. Ich mache dann aus den
Nachrichten SMS, die ich an 30 Personen schicke, um so Propaganda und Fake
News zu unterlaufen“, sagt Ma Tin Zar. Denn inzwischen würden sogar
Hausfrauen wissen wollen, wie die Vereinten Nationen über Myanmar
diskutierten, was Joe Biden zum Putsch sage oder wie Proteste verliefen.
Solange das Militär an der Macht sei, werde es lügen, glaubt Sit Htet Aung.
Er hat das Portal Burma Associated Press mit zehn anderen Journalisten
gegründet, die nicht nach den Einschränkungen der Junta arbeiten wollten.
„Wir stehen unter dauernder Beobachtung, einige sind schon verhaftet,
andere stehen unter Anklage, der Rest ist ständig in Bewegung, um einer
Festnahme zu entgehen“, sagt er. „Wir bekommen kein Gehalt oder Honorar,
nur einige Spenden, die wir für die Internetnutzung ausgeben, damit wir in
den sozialen Medien posten können.“
Doch hätten sie viel Rückhalt in der Bevölkerung. Ließen sich Demonstranten
anfänglich aus Sorge vor Spitzeln ungern fotografieren, würden die
Journalisten jetzt viele Fotos und Filme zugeschickt bekommen, um sie
weiterzuverbreiten. „Leider können wir zum Schutz von Informanten oft keine
Quellen nennen, auch keine Interviews machen oder nicht mal zurückrufen,
weil Telefonnummern ständig geändert werden“, erklärt Sit Htet Aung. Seit
dem 1. Februar wurden 77 Journalist*Innen festgenommen, davon sind 43
noch in Haft, 22 werden steckbrieflich gesucht.
„Myanmars Journalisten haben keine Sicherheit und keine Freiheit“, sagt
Chefredakteurin Ma Nyein Nyein Wang von 7Day News TV. Ihrem Sender wurde
mit vier anderen Medien am 8. März die Lizenz entzogen. „Es herrscht
tiefste Finsternis mit Ausnahme der Bürgerjournalisten in den sozialen
Medien.“
3 May 2021
## AUTOREN
Nyein Ei Ei Htwe
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