# taz.de -- Wohin bloß mit den vielen Babys? | |
> Die kommunale Klinikholding überlegt, die Geburtshilfe komplett ins | |
> Klinikum Mitte zu verlegen, wo man sie 2012 geschlossen hatte. Allerdings | |
> reicht der Platz im Neubau dafür wohl nicht aus | |
Bild: Kinder, Kinder, Kinder: Seit 2011 steigt die Zahl der Geburten in Bremen … | |
Von Mahé Crüsemann | |
Hebammen und Ärzt*innen warnen vor den Plänen, die Geburtshilfe der | |
kommunalen Klinikholding Geno am Standort Bremen Mitte zu zentralisieren. | |
In einem offenen Brief haben sich Vertreter*innen des | |
Hebammenlandesverbandes Bremen, des Berufsverbandes der Frauenärzte (BVF) | |
und des Bremer Berufsverbandes des Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) an | |
Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) und Bürgermeister Andreas | |
Bovenschulte (SPD) gewandt. | |
Laut ihrem Schreiben befürchten sie, dass eine Wiedereröffnung der | |
Geburtshilfe am Klinikum Bremen-Mitte (KBM) zu einer Verschlechterung der | |
geburtshilflichen Versorgung in der Stadt führt. Durch eine Verlegung und | |
Schließung der Geburtshilfe im Klinikum Links der Weser (LDW) stünden | |
weniger geburtshilfliche Kapazitäten zur Verfügung als bislang. | |
Im Jahr 2012 war nach dem Keimskandal auf der Frühchenstation die | |
Geburtshilfe des Klinikums Mitte geschlossen worden. Die komplette | |
Neonatologie hatte man damals nach Bremen Nord und ans LDW verlagert, | |
mitsamt der Belegschaft. Drei Säuglinge waren infolge hygienischer Mängel | |
an Infektionen gestorben. Seit Oktober allerdings steht im Raum, dass man | |
auch in Mitte wieder Kreißsäle betreiben will. | |
## Der Aufsichtsrat entscheidet | |
Ab 2011 wurde in Mitte außerdem ein neues Eltern-Kind-Zentrum gebaut. | |
Bereits während des Baus musste um eine Etage aufgestockt werden, als man | |
sich dann doch dazu durchgerungen hatte, dort auch eine zusätzliche | |
Geburtshilfe in Bremen-Mitte zu wollen. Während aber 2017 noch davon die | |
Rede war, lediglich eine zusätzliche Geburtshilfe am Zentralkrankenhaus | |
einzurichten, sieht die Geno momentan vor, den gesamten Bereich von LDW ins | |
Herz der Stadt zu verlagern. Geno-Sprecherin Karen Matiszick betont, dass | |
es sich dabei um bloße Überlegungen handele. Eine Entscheidung über die | |
Verlagerung der Geburtshilfe sei noch nicht getroffen. Erst Ende April | |
werde der Aufsichtsrat eine Entscheidung vorlegen. | |
Die Haltung in der Ärzt*innenschaft ist uneinheitlich. Thorsten Körner, | |
leitender Kinderarzt am LDW, hält es für eine gute Idee, die Kompetenz von | |
Links der Weser mit der im neuen Eltern-Kind-Zentrum in Mitte | |
zusammenzufassen. Zwar erfülle das Perinatalzentrum im LDW alle | |
Voraussetzungen, um qualitativ hochwertige Medizin für Neu- und | |
Frühgeborene sicherstellen zu können, allerdings fehle auch die Präsenz | |
weiterer wichtiger Spezialisten am LDW. In entsprechenden Fällen müssten | |
also Konsiliardienste aus dem Klinikum Bremen Mitte in Anspruch genommen | |
werden, also Hilfestellung durch die dort angesiedelten Spezialist*innen. | |
Körner ist der Ansicht: „Geburtshilfe und Neonatologie oder Frühchenstation | |
gehören immer zusammen.“ Eine Verlagerung der Einheiten vom LDW nach Mitte | |
erscheine ihm daher sinnvoll. | |
Das LDW verzeichnet allerdings von allen Bremer Krankenhäusern mit | |
Geburtshilfestationen die meisten Geburten. Im Jahr 2018 waren es laut | |
Krankenhausspiegel 2.631. Seit 2011 ist die Anzahl der Geburten in Bremen | |
stetig leicht gestiegen. Angesichts des Trends hatte man sich für eine | |
Erweiterung des geburtshilflichen Angebots entschieden – mit einer | |
zusätzlichen neuen Station in Mitte mit drei Kreißsälen. Die Umsetzung habe | |
sich aber als schwierig herausgestellt, sagt Geno-Sprecherin Matiszick. | |
„Der Fachkräftemangel insbesondere in der Berufsgruppe der Hebammen ist so | |
groß, dass es nicht gelungen ist, ein zusätzliches Team zusammenzustellen.“ | |
„Natürlich ist uns bewusst, dass durch jahrelange Versäumnisse die Lage auf | |
dem Stellenmarkt sehr angespannt ist“, schreiben Hebammenlandesverband, | |
BVKJ und BVF jetzt im Brief an die Senatorin und den Bürgermeister. Das | |
dürfe allerdings nicht als Begründung dafür herhalten, am Bedarf vorbei zu | |
planen. Das geschehe aber mit der geplanten Verlagerung: Schon von Anfang | |
an sei die geburtshilfliche Abteilung mit drei Kreißsälen und 26 Betten zu | |
klein geplant gewesen. „Die Größe der Abteilung wurde seinerzeit allein | |
aufgrund der finanziellen Zwänge geplant“, heißt es weiter. „Die | |
Geburtshilfe in Bremen arbeitet personell und räumlich am Rande der | |
Belastungsgrenze.“ | |
Momentan gibt es im LDW fünf Kreißsäle. Bei einer Verlagerung aller Kräfte | |
nach Mitte würde die Geno mit sechs Kreißsälen im neuen Eltern-Kind-Zentrum | |
planen. Das würde gegenüber der jetzigen Situation eine Erweiterung um | |
einen Kreißsaal bedeuten. Der Aufwand dafür wäre laut Geno gering. | |
Zusätzlich zu den drei Kreißsälen in Mitte, die bereits eingerichtet sind, | |
müsste man lediglich drei weitere Räume ein wenig umbauen und einrichten. | |
„Für das neue Eltern-Kind-Zentrum in Mitte hat man damals mit etwa 1.000 | |
Geburten pro Jahr gerechnet“, sagt Schiffling. Mit den etwa 2.700 Geburten | |
im LDW jedes Jahr komme man also auf über 3.000 Geburten, die jetzt alle in | |
Mitte stattfinden sollten, sagt sie. „Dafür reichen sechs Kreißsäle nicht.… | |
Und der Fokus müsse ja nicht nur auf den Kreißsälen liegen, sagt | |
Schiffling. „Die Frauen brauchen auch Rückzugsorte vor den Geburten.“ Daf�… | |
fehle in Mitte einfach der Platz. | |
23 Apr 2021 | |
## AUTOREN | |
Mahé Crüsemann | |
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