# taz.de -- heute in hamburg: „Rechte Influencer*innenbegleiten dich im Allta… | |
Interview Isabella Boor | |
taz: Herr Stegemann, ist Youtube eine Radikalisierungsplattform für | |
Rechtsextremist*innen? | |
Patrick Stegemann: Auf Youtube haben sehr lange viele Inhalte einen Ort | |
gefunden, die eine Radikalisierung bewirken können. Beispielsweise, weil | |
Rechtsextremist*innen dort sagen, es gäbe eine globale Verschwörung | |
gegen das „Volk“. Das Ganze wird in emotionalen Szenen, mit Wut und Hass | |
verpackt, was dann für die Zuschauer*innen sehr gut rüberkommt. | |
Müssten solche Plattformen radikale Beiträge nicht eigentlich blockieren? | |
Ja, gute Frage. Das tun sie bereits ja schon ein bisschen. Aber es wurde | |
viel zu spät darauf reagiert. So ist es schwer, diese Entwicklung zu | |
stoppen. | |
Weil es so eine Masse an extremen Beiträgen gibt? | |
Ja, zum einen und zum anderem haben wir schon viel zu viele Menschen daran | |
verloren, die nun kein Verhältnis zur Wissenschaft und zur Wahrheit haben. | |
Wie vermarkten sich rechte Influencer*innen im Netz? | |
Im Grunde vermarkten sie sich wie jede andere Influencer*in auch, nur | |
halt mit politisch radikalen Inhalten. Das heißt, sie begleiten dich in | |
deinem Alltag. Sie stellen sich möglichst nahbar und normal dar, um | |
Menschen emotional an sich zu binden. Sie fallen also nicht sofort mit der | |
Tür ins Haus oder stellen Politik gleich vorne an, sondern präsentieren | |
sich und ihren Alltag. | |
Haben Sie da eine bestimmte Influencer*in im Sinn? | |
Es gibt eine ganze Reihe von rechten Aktivist*innen, wie zum Beispiel | |
Martin Sellner, der sehr lange auf Youtube aktiv war, dort gelöscht wurde | |
und jetzt auf Telegram ist. | |
Sellner gehört zur rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich. | |
Bei Telegram ist er aber bei weitem nicht so beliebt, wie er es einmal war. | |
Also hat die Youtube-Sperre etwas genützt? | |
Auf jeden Fall. Es zeigt die Macht der Plattform. Wie man sieht, hat | |
Sellner nun weniger Reichweite. Gerade auf Instagram gibt es aber noch eine | |
ganze Reihe rechter Influencer*innen, die häufig gar nicht so groß sind, | |
aber eben ein neurechtes Netzwerk bilden. | |
Welche Gefahr geht denn von solchen Rechtsextremist*innen im Netz aus? | |
Die Rechtsextremist*innen wollen eine grundlegend andere Gesellschaft. | |
Das heißt: Ungleichheit. Sie versuchen das aber in den sozialen Medien | |
anders zu verpacken. So kann es passieren, dass sie Menschen erreichen und | |
radikalisieren, die sonst nie auf die Idee gekommen wären, sich | |
Rechtsextremist*innen anzuschließen. Sie erzählen, wir seien eine | |
Gruppe, die bedroht sei, als Weiße, als Männer, als Deutsche. Dass sich | |
diese Gruppe wehren müsse, gegen einen Feind. Das führt zu Radikalisierung | |
und auch zu Terror, wie in Hanau. | |
20 Apr 2021 | |
## AUTOREN | |
Isabella Boor | |
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