# taz.de -- So ist’s bestens altes Haus | |
> Ein Zusammenschluss von Wohnungsunternehmen aus Bremen und Bremerhaven | |
> hat sein 15-Jahres-Klimaziel mehr als doppelt erfüllt: Schlüssel dafür | |
> war ein konzertiertes Sanierungsprogramm | |
Bild: Gut gedämmt ist halb gewonnen: Wärmebild eines Mehrfamilienhauses | |
Von Mahé Crüsemann | |
Zufrieden ist die agWohnen mit ihrer Klimabilanz, die sie gestern | |
vorgestellt hat. Zu Recht: Der CO2-Ausstoß von über 61.000 Wohnungen im | |
Land Bremen konnte zwischen 2005 und 2019 um 42 Prozent gesenkt werden. Das | |
ist mehr als doppelt so viel wie der Zusammenschluss von zwölf | |
Wohnungswirtschaftsunternehmen des Landes sich vorgenommen hatte. „Sie | |
haben ihre Pflicht mehr als erfüllt“, lobte auch Bausenatorin Maike | |
Schaefer (Grüne). | |
Bemerkenswert sind die Daten auch im Vergleich mit der Wohnungswirtschaft | |
bundesweit: Laut Umweltbundesamt haben die privaten Haushalte zwischen 2005 | |
und 2017 in der Summe gerade einmal 3,8 Prozent Emissionen eingespart – | |
nicht einmal ein Zehntel dessen, was der Bremer Zusammenschluss in fast dem | |
gleichen Zeitraum geschafft hat. | |
Die Einsparung der agWohnen wurde dabei in erster Linie durch konzertierte | |
Sanierungen ermöglicht und per Langzeitbeobachtung bestätigt: Schon 2005 | |
hatten sich die beteiligten Unternehmen auf Millioneninvestitionen in den | |
Bestand verständigt – und beim Fraunhofer Institut für Materialforschung | |
(Ifam) eine Begleitstudie in Auftrag gegeben. Das Ifam sollte prüfen, ob | |
und wie gut man die sich selbst gesteckten Ziele von 20 Prozent CO2-Ausstoß | |
erreichen würde. | |
Seither wurden vom Institut Daten zu Energieverbrauch, Emissionsausstoß und | |
Sanierungs- und Umbaumaßnahmen erhoben. „Das ging nur in enger | |
Zusammenarbeit mit den Unternehmen“, sagt Karin Jahn, Studienleiterin am | |
Ifam. Diese habe sehr gut funktioniert: „Alle Fragen, die wir hatten, | |
konnten ausnahmslos mit den Unternehmen geklärt werden.“ So sei es möglich | |
gewesen, verlässliche Daten zu sammeln. | |
Zu den agWohnen-Mitgliedern zählt auch die Brebau GmbH. Sie ist seit Anfang | |
2019 wieder ein rein städtisches Unternehmen. Damals hatte die Stadt Bremen | |
der Sparkasse die fehlende Hälfte des Unternehmens nach zähen Verhandlungen | |
abgekauft. Brebau-Geschäftsführer Thomas Tietje ist stolz auf die | |
Ergebnisse der Ifam-Studie: „Wir haben unsere eigenen Erwartungen | |
übertroffen.“ Er wisse aber, dass man sich jetzt keinesfalls ausruhen dürfe | |
und appelliert an die Politik: „Das sind zwar gute Ergebnisse, aber die | |
bisher durchgeführten Maßnahmen reichen nicht aus, um die bis 2050 | |
gesteckten Ziele zu erreichen.“ | |
Seit 2015 ist das Bremische Klimaschutz- und Energiegesetz in Kraft. Es | |
orientiert sich, genauso wie der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung, | |
an den europäischen Zielen der Pariser Klimaschutzkonferenz: 80 bis 95 | |
Prozent Reduktion der Emissionen im Jahr 2050 gegenüber 1990. Man sei auf | |
einem guten Weg, sagt Thomas Tietje. Wichtig sei ihm aber auch, dass Wohnen | |
bezahlbar bleibe. „Klimaneutrales Wohnen verursacht Kosten“, gesteht er | |
ein. Man dürfe Nutzer*innen nicht mit einem zu hohen Mietzins | |
überfordern. | |
Ähnlich sieht das Sieghard Lückehe, der Vorsitzende der Stäwog, also der | |
Städtischen Wohngesellschaft Bremerhaven: „Wir möchten unseren Mietern | |
Teilhabe ermöglichen.“ Er weist außerdem auf die Vorteile von Sanierung und | |
Umbau von bestehenden Gebäuden hin: „Wir haben jetzt sehen können: Mit zwei | |
Dritteln der Investitionskosten eines Neubaus kann man durch Umbaumaßnahmen | |
bei einem bereits bestehenden Gebäude Neubauvoraussetzungen schaffen“, sagt | |
er. Das stimme ihn optimistisch. | |
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse gebe es noch weitere Anforderungen | |
an Bremens Wohnungswirtschaft, so Schaefer: „Einige Herausforderungen | |
liegen noch vor uns“, sagte sie. Immerhin ein Viertel des Energieverbrauchs | |
im Land Bremen gehe aufs Konto privater Haushalte. | |
Im Koalitionsvertrag der rot-grün-roten Regierung sei festgehalten, dass | |
Neubauten primär klimaneutral gebaut werden sollten, so Bausenatorin | |
Schaefer. Karin Jahn vom Ifam weist allerdings darauf hin, dass im Land | |
Bremen nur etwa ein Prozent der Wohngebäude Neubauten seien. „Wir können | |
uns tolle Auflagen für Neubauten ausdenken, aber der Fokus sollte auf dem | |
Bestand liegen“, stellt sie klar | |
„Wenn man neu baut, sollte man direkt klimafit bauen“, sagt Maike Schaefer. | |
Die Herausforderung bei Altbau- und Bestandssanierung sei „natürlich | |
schwieriger, das stimmt“, gesteht sie und lobt noch einmal: „Die agWohnen | |
hat hier gerade für diesen Bereich einige Beispiele geliefert.“ | |
15 Apr 2021 | |
## AUTOREN | |
Mahé Crüsemann | |
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