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# taz.de -- petition der woche: Campen ist schließlich nur Quarantäne auf vie…
Kaum einer hat den Stolz des Wohnmobilisten besser in kurze Worte gepackt
als der bayerische Liedermacher Georg Ringsgwandl: „Hint in der Dusche,
ganz adrett, hamma ’s Chemieklosett.“ Das war 1988 im Song „Heavy Metal
Landler“. Was einst am Ruf des Campingfreunds kratzte, das eingebaute
Hygienekonzept, könnte sich heute als Vorteil erweisen. Denn es macht
kontaktarmes Reisen möglich. Wenn es beim Traum des pandemiegerechten
Urlaubs nicht einen Haken gäbe: Das ist der Campingplatz. Und der hat zu,
fast überall im Land.
Mehr als 36.000 Menschen fordern nun, dass die Anlagen unter Auflagen
geöffnet werden. Camping ist eine autarke Urlaubsform, die sich von
Massentourismus unterscheidet, sagt etwa Tobias Welp, Geschäftsführer bei
„Freeontour“, einem Online-Reiseportal für Camping, das die Petition mit
initiiert hat. Eigene Nasszelle, separater Küchenbereich, das ermögliche
Reisen ohne erhöhte Fremdkontakte.
Das ist ein Argument, das schon im vorigen Jahr immer mehr Menschen für die
Urlaubsform einnahm. Ohnehin seit Jahren immer beliebter, habe sich die
Nachfrage nach Reisemobilen und Wohnwagen noch weiter erhöht, erzählt Welp.
Sein Portal gehört zur Hymer-Gruppe und damit zum europäischen Marktführer
in Sachen Wohnmobile. Der Trend zu Individualismus, Entschleunigung und
unabhängigem Reisen sei durch die Pandemie beschleunigt worden. Damit
argumentiert auch die Petition: Mit einem Camper brauche man eigentlich nur
Strom und eine Entsorgungsstation, bei Einhaltung der Abstands- und
Hygieneregeln sei das Infektionsrisiko daher gering.
Doch Campingplätze gelten als Beherbergungsbetriebe, Übernachtungen sind
dort nur aus triftigen geschäftlichen Gründen möglich. Da gibt es auch in
den neuen Lockdown-Beschlüssen keine Ausnahme. Campingurlaube sind nicht
einmal erlaubt, wenn man im eigenen Bundesland unterwegs ist. Eine Ausnahme
wird nur für Dauercamper gemacht, wenn sie den Erstwohnsitz auf ihren
Caravan angemeldet haben, aber nicht in allen Bundesländern. Dauercamper
sind aber nur ein kleiner Teil der Szene. 250.000 Dauerstandplätze gibt es
auf deutschen Campingplätzen, hat 2018 die Universität München ermittelt,
bei 1,6 Millionen Campingfahrzeugen, die hierzulande angemeldet sind.
Was bleibt als Alternative? Wildcampen ist nicht nur vielerorts verboten,
sondern auch aufgrund ökologischer Aspekte nicht massentauglich. Die
Hoffnung ruht also auf Pfingsten und den Monaten danach. „Jeder schaut
jetzt auf den Sommerurlaub. Entscheidend wird sein, wie weit wir bis dahin
mit der Impfkampagne sind“, sagt Bodo Plachter, Virologe an der
Universitätsmedizin Mainz. Er gibt zu bedenken, dass „Urlaub eine Situation
ist, in der man sich erholen möchte und Corona schnell vergessen ist. Das
ist das Risiko.“ Auch wenn sich der Großteil an die Regeln halte, trieben
Reisebewegungen die Zahlen nach oben. Allerdings kann sich Plachter auch
auf Campingplätzen Pilotprojekte vorstellen, um zu schauen, was möglich
ist. „Bis Sommer wird sich einiges bewegen, je mehr man geimpft hat.“
Tobias Welp erwartet spätestens dann eine große Nachfrage. Er prophezeit,
dass viele Camper aber Inlandsurlauber bleiben werden. Wie singt
Ringsgwandl? I mog nimma naus. Lena Walbrunn
27 Mar 2021
## AUTOREN
Lena Walbrunn
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