# taz.de -- Reform der Champions League: Das große Blähen | |
> Die Champions League soll noch größer werden. Profitieren sollen vor | |
> allem die erfolgsverwöhnten Großklubs. Dagegen protestieren Fans. | |
Bild: Stiller Protest: Die Fans sind draußen, drin ist ihr Protest | |
Berlin taz | „Das Haus des europäischen Fußballs ist geprägt von | |
Solidarität und Miteinander, von Fairplay und sportlichem Wettbewerb. | |
Deshalb geht es nicht nur um die Interessen der Spitzenklubs aus einigen | |
wenigen Ländern, sondern um die Interessen der Vereine, Ligen, | |
Nationalmannschaften und nicht zuletzt auch der Fußballfans in allen 55 | |
europäischen Nationalverbänden.“ Das hat Rainer Koch im Oktober des | |
vergangenen Jahres sehr schön gesagt. | |
Der [1][Vizepräident des Deutschen Fußball-Bundes] hat sich mit diesem Satz | |
auf der Verbands-Website zitieren lassen, als wieder einmal darüber | |
spekuliert worden ist, dass die ganz großen Klubs in Europa sich mit einer | |
Superduper League von der Uefa verabschieden könnten. Die Europäische | |
Fußballunion, in deren Exekutive Rainer Koch einen Platz hat, sah sich | |
unter Druck. Sie machte sich daran, ihr Premiumprodukt, die Champions | |
League zu reformieren. Am Mittwoch nun soll die Exekutive darüber | |
entscheiden. | |
Faninitiativen in Deutschland machen gegen die Pläne mobil, die noch mehr | |
Geld durch noch mehr Spiele in der Champions League erwirtschaften sollen. | |
Vor der Geschäftsstelle des Bayerischen Fußballverbands in München wurde | |
rechtzeitig vor der Sitzung ein Plakat angebracht, mit dem die Fans Rainer | |
Koch an seinen Satz von Oktober erinnern. | |
Darunter die Forderung: „Worten Taten folgen lassen – Europapokalreform | |
ablehnen!“ Auch [2][„Pro Fans“], ein Netzwerk, über das sich viele | |
Kurvenfans in Deutschland organisieren, lehnt in einem Statement ab, was | |
die Uefa vorhat. „Mit der Reform wird nicht die breitere Beteiligung der | |
Fußballnationen am Spitzenwettkampf gefördert, sondern im Gegenteil die | |
noch stärkere Abschottung einer geschlossenen Elite“, heißt es darin. | |
## Enger Spielplan | |
Der Plan der Uefa sieht vor, die Teilnehmerzahl von derzeit 32 auf 36 Klubs | |
zu erhöhen. Die Gruppenphase der Champions League soll wegfallen. Dafür | |
sollen alle Teams zehn Spiele absolvieren, deren Ergebnisse in eine einzige | |
Tabelle einlaufen. Damit es keine allzugroßen Probleme für die großen Teams | |
gibt, werden nach einer Setzliste vier Lostöpfe gefüllt, aus denen die | |
Partien dann gezogen werden. Die besten acht der 36er-Tabelle qualifizieren | |
sich direkt für das Achtelfinale. Die Klubs von Platz neun bis Platz 24 | |
spielen in Playoffs die restlichen Achtelfinalteilnehmer aus. Statt 125 | |
Spielen wie bis jetzt wären 225 Spiele nötig, um den | |
Champions-League-Sieger zu ermittteln. 100 Spiele mehr! | |
Dieser Punkt der Reform dürfte zu größeren Diskussionen in der Exekutive | |
führen. In England, wo 20 Klubs in der Premier League spielen, die auch | |
noch um den Liga-Pokal und den FA-Cup kicken, könnten schlicht keine | |
Spieltermine gefunden werden. Und in der Bundesliga könnte die eh schon | |
sehr kurz gewordene Winterpause ganz wegfallen, um den Spielplan | |
durchzuprügeln. | |
Dennoch rechnet man damit, dass Rainer Koch den Reformplänen zustimmen | |
wird. Der englische Verband könnte dagegen den Kompromissvorschlag | |
bevorzugen, den die Vereinigung der Europäischen Fußballigen, „Euopean | |
Leagues“, ins Spiel gebracht hat. Nach diesem würden nur 64 Spiele mehr | |
ausgetragen werden. | |
Die Verband, dem 37 Ligen in Europa angehören, möchte zudem festschreiben, | |
dass 5 Prozent der generierten Einnahmen über die Verbände an Klubs | |
ausgeschüttet werden, die sich nicht für die Champions League | |
qualifizieren. Außerdem möchten sie, dass drei der vier zusätzlichen Plätze | |
im Wettbewerb an Landesmeister vergeben werden. Das Modell der Uefa sieht | |
dagegen vor, die Plätze über eine Zehnjahreswertung zu vergeben. | |
Damit könnten sich Klubs, bei denen es in der Liga gerade nicht so gut | |
läuft, für die Champions League qualifizieren, weil sie zu den besten in | |
der Zehnjahreswertung gehören. Der FC Liverpool, der in der laufenden | |
Premier-League-Saison aktuell auf Platz sieben liegt, wäre nach einer | |
solchen Regelung fix für die Champions League qualifiziert. Es ist dies ein | |
weiterer Baustein der Reform, der vor allem den etablierten Klubs | |
zugutekommt. | |
Kein Wunder, dass Bayern München die Umbaupläne unterstützt. Vorstand | |
Oliver Kahn meinte vor zwei Wochen im Fachmagazin Kicker: „Der aktuelle | |
Vorschlag ist ein sehr ausgewogener Kompromiss. Es ist ein sportlich | |
attraktiver Modus.“ Dass der Kompromiss nur nötig wurde, weil auch der FC | |
Bayern mit dem Abflug in eine Super League gedroht hatte, erwähnte er dabei | |
nicht. | |
30 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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