# taz.de -- Griechenlands bekanntester Häftling: Lebensgefahr wegen Hungerstre… | |
> Linksterrorist Koufontinas wurde wegen elffachen Mordes verurteilt. | |
> Dennoch ist er populär in Griechenland. Nun liegt er auf der | |
> Intensivstation. | |
Bild: Solidarität mit Koufontinas gibt es auch in Deutschland, hier Ende Febru… | |
Berlin taz | Für die einen ist er ein Killer und Terrorist, für die anderen | |
ein Befreiungskämpfer. Seit dem 8. Januar befindet sich Griechenlands | |
populärer Gefängnisinsasse Dimitris Koufontinas im Hungerstreik. Er | |
protestiert gegen seine neu aufgestellten Haftbedingungen durch die | |
konservative Regierungspartei Nea Dimokratia. Sein Zustand sei | |
lebensbedrohlich, teilte seine Anwältin Ioanna Kourtovik mit. Die | |
griechische Regierung sei bereit ihn sterben zu lassen. | |
Der heute 63-Jährige war Mitglied der bewaffneten revolutionären | |
Organisation „17. November“. Sie benannte sich nach dem Tag der blutigen | |
Niederschlagung des Studentenaufstands im Athener Polytechnion, bei der | |
zahlreiche Menschen ums Leben kamen. Die Studentenproteste fanden am 17. | |
November 1973 statt und richteten sich gegen die damals herrschende | |
griechische Militärdiktatur. | |
Die als terroristisch eingestufte Gruppierung „17. November“ war von 1975 | |
bis 2002 in Griechenland aktiv. Sie verübte über 100 Anschläge und | |
ermordete dabei 23 Menschen. Ziele ihrer Anschläge waren Militärs und | |
Polizei, die CIA sowie Großunternehmer und Politiker. | |
Jahrelang wurde Koufontinas erfolglos gesucht, bis er sich 2002 selbst der | |
griechischen Polizei auslieferte. Er wurde für elf Morde verantwortlich | |
gemacht, hinzu kommen Raubüberfälle und Sprengstoffanschläge. Koufontinas | |
bekam eine Haftstrafe von elfmal lebenslänglich zuzüglich 25 Jahren. | |
## Im Knast mit Rechten | |
Er befand sich bereits seit über 16 Jahren im Athener | |
Hochsicherheitsgefängnis Korydallos, als 2018 unter der Regierung von | |
Linkenchef Alexis Tsipras beschlossen wurde, Koufontinas in ein ländliches | |
Gefängnis in Volos mit besseren Haftbedingungen zu verlegt. | |
Doch im Jahr 2019 gewann die konservative Nea Demokratia mit | |
Premierminister Kyriakos Mitsotakis die Wahl. Sie veranlasste Ende Dezember | |
2020 ein Gesetz, das die Lockerungen gegenüber Koufontinas wieder | |
zurücknahm. | |
Die Verabschiedung dieses Gesetzes führte zur sofortigen Verlegung | |
Koufontinas aus dem Gefängnis in Volos. Doch anstatt ihn in das | |
ursprüngliche Gefängnis in Athen zu verlegen, entschied die | |
Staatsanwaltschaft, ihn in das Hochsicherheitsgefängnis von Domokos in | |
Mittelgriechenland zu bringen. | |
Dort sitzen unter anderem auch Mitglieder der faschistischen Partei Goldene | |
Morgenröte, die wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation | |
verurteilt wurden. Die rechtsradikale Partei saß jahrelang im griechischen | |
Parlament, wurde im vergangenen Jahr jedoch als kriminell eingestuft. | |
## Mitsotakis-Schwager erschossen | |
In einer Erklärung bezeichnet Koufontinas seine Verlegung in dieses | |
Gefängnis als „Krieg“ seitens des konservativen Staates gegen ihn. | |
Unterschiedliche Stimmen vermuten hinter der Veranlassung auch eine Art | |
Rache, denn im Jahr 1989 wurde Pavlos Bakogiannis – Schwager von Mitsotakis | |
– von der Organisation „17. November“ erschossen. | |
Beide Seiten sind verhärtet. Trotz Nierenversagen in der letzten Woche | |
verweigert Koufontinas noch immer die Nahrungsaufnahme. Er befindet sich | |
auf einer Intensivstation in einem Krankenhaus in Lamia. | |
Die Regierungspartei Nea Dimokratia unter Kyriakos Mitsotakis hingegen | |
scheint sich davor zu scheuen, als Verlierer gegen einen linken Terroristen | |
bei ihrer Wählerschaft in Ungnade zu fallen und zieht ihren Kurs durch. | |
Am vergangenen Montag wurde gerichtlich beschlossen, dass Koufontinas nach | |
seiner Genesung seine Haftstrafe im Hochsicherheitsgefängnis von Domokos | |
fortsetzen muss und in keine andere Haftanstalt verlegt werden darf. | |
Derweil finden immer wieder Solidaritätskundgebungen und Proteste in Athen | |
und anderen Städten statt. Die griechische Polizei ging mit Wasserwerfern | |
und Tränengas hart gegen die Demonstrierenden vor. Einige von ihnen wurden | |
festgenommen. | |
13 Mar 2021 | |
## AUTOREN | |
Theodora Mavropoulos | |
## TAGS | |
Griechenland | |
Kyriakos Mitsotakis | |
Griechenland | |
Schwerpunkt #metoo | |
Griechenland | |
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