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# taz.de -- heute in bremen: „Oft keine barrierefreien Arztpraxen“
Interview Philipp Nöhr
taz: Herr Frankenstein, der Bremer Senat hat 2014 den Landesaktionsplan zur
Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen
beschlossen. Wie inklusiv ist Bremen heute?
Arne Frankenstein: Ich glaube, dass Bremen schon erhebliche
Entwicklungsschritte in Richtung einer inklusiven Gesellschaft gegangen
ist. Wir haben hier ein gutes Zusammenwirken zwischen dem Senat und dem
Behindertenbeauftragten, dem Landesteilhabebeirat und den
Behindertenverbänden. Und es gibt viele zivilgesellschaftliche
Organisationen, die dazu beitragen. Aber wir stehen immer noch am Anfang
einer Entwicklung. Wenn man sich anschaut, wie wenig die Belange von
behinderten Menschen in der Pandemie berücksichtigt wurden, dann zeigt
sich, dass eine systematische Ausrichtung von politischen Entscheidungen an
der Behindertenrechtskonvention fehlt. Das zeigt sich auch an der
Impfverordnung des Bundesgesundheitsministeriums, in der Menschen mit
Vorerkrankungen nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
Was sind derzeit die größten Herausforderungen auf dem Weg zu einer
inklusiven Gesellschaft?
Eine große Herausforderung stellt der Übergang von den Schulen oder
Werkstätten auf den Arbeitsmarkt dar. Da müssen wir deutlich weiterkommen.
Das betrifft vor allem Menschen, die einen hohen Assistenzbedarf und
möglicherweise auch kognitive Beeinträchtigungen haben. Da darf es keinen
Automatismus geben, dass nur Angebote aus Behindertenwerkstätten genutzt
werden. Eine weitere Herausforderung stellt die Weiterentwicklung
barrierefreier Gesundheitsversorgung dar. Haus- und Fachärzte haben oft
keine barrierefreien Praxen. Das hat oft etwas damit zu tun, dass es keine
rechtliche Verpflichtung gibt, bei Bestandsgebäuden Barrierefreiheit
herzustellen.
Hat die Coronapandemie da auch strukturelle Probleme offengelegt?
Während der Pandemie waren es oft Einrichtungen für behinderte Menschen, in
denen strenge Besuchsregeln aufgestellt worden sind und die Menschen sozial
isoliert wurden. Deswegen muss es auch kleinere, dezentrale Wohnungen geben
– auch für Menschen, die einen hohen Unterstützungsbedarf haben. So können
die Menschen dort leben, wo sie auch leben wollen.
Deshalb schreibt der Senat den Landesaktionsplan ja fort. Zurzeit laufen
die Arbeitsgruppensitzungen, in der Sie die Probleme und möglichen
Maßnahmen diskutieren. Was genau ist für die heutige Sitzung geplant?
Die heutige Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit Bauen, Wohnen und
selbstbestimmter Lebensführung. Das ist die erste Arbeitsgruppensitzung zu
diesem Schwerpunkt. Es wird im Laufe des Jahres noch zwei weitere Sitzungen
dazu geben. Alle Veranstaltungen sind öffentlich und eine Beteiligung
erwünscht. Über ein Online-Tool konnten auch während des Lockdowns
Maßnahmen vorgeschlagen werden. Weitere Vorschlage können jederzeit per
E-Mail eingebracht werden. Die grundsätzliche Frage ist: Wie können wir den
Bremer Aktionsplan auf Grundlage der Menschenrechte weiterentwickeln? Die
Formate werden hybrid stattfinden – also online und in Präsenz. Das ist die
beste Lösung, um allen Menschen den gleichen Zugang zu ermöglichen.
Arbeitsgruppe „Wie setzt Bremen die UN-Behindertenrechtskonvention um?“ mit
Schwerpunkt auf Bauen, Wohnen und selbstbestimmte Lebensführung, 15 bis 18
Uhr, Anmeldung unter [email protected] oder 0421 / 36
11 81 81
25 Mar 2021
## AUTOREN
Philipp Nöhr
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