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# taz.de -- petition der woche: CDU und AfD in Moritzburg ist das Käthe-Kollwi…
Im Jahr 1922 schreibt Käthe Kollwitz in ihr Tagebuch: „Ich bin
einverstanden damit, daß meine Kunst Zwecke hat. Ich will wirken in dieser
Zeit, in der die Menschen so ratlos und hilfsbedürftig sind.“ Zwei
Jahrzehnte danach flieht sie vor den Bomben, die auf Berlin fallen, und
findet unweit von Dresden Zuflucht im Rüdenhof im Ort Moritzburg. Kaum ein
Jahr später, wenige Tage vor Kriegsende, stirbt Käthe Kollwitz dort.
Heute ist das Gebäude, in dem sie zuletzt lebte, der einzige noch
existierende Wohnort der Künstlerin, wo an sie erinnert wird. Seit 1995
wird das Käthe-Kollwitz-Haus von einer Stiftung verwaltet, die das
künstlerische Erbe als Museum, Gedenkort und Lernwerkstatt bewahrt.
Doch durch die Kürzung öffentlicher Fördermittel fehlt dem Haus
mittlerweile das Geld. Mit einer Petition hat die Dresdner Bildhauerin
Konstanze Feindt Eissner deshalb auf die Not des Gedenkorts für die
international renommierte Künstlerin Kollwitz aufmerksam gemacht. Über
5.000 Menschen haben die Petition unterzeichnet.
Feindt Eissner versteht Kollwitz nicht so sehr als politisch, sondern eher
als humanistisch orientiert. Sie betont, was für ein Glück es ist, den
Gedenkort in der Region zu haben. Es gefällt ihr daher nicht, dass nun auf
kommunaler Ebene versucht wird, auf Kollwitz’Rücken Politik zu machen.
Das Vermächtnis der Käthe Kollwitz, das im Museum anhand von Plastiken,
Radierungen und Briefen gezeigt wird, ist keine leicht zu konsumierende
Kunst. Im Streit um die Erhaltung des Käthe-Kollwitz-Hauses spielt das
alles jedoch keine Rolle mehr. Stattdessen prallen parteipolitische
Allianzen, der Streit um Kulturförderung und persönliche Eitelkeiten
aufeinander.
Angefangen hat das Geldproblem mit einer bürokratischen Sache. Weil die
Fördergelder des Kulturraums Meißen nach sogenannten objektiven Kriterien
vergeben werden sollen, die sich an Sammlungsgröße und Besucherzahlen
messen, droht eine Schieflage. „Damit haben kleine Museen keine Chance“,
sagt die Leiterin des Kollwitz-Hauses, Sabine Hänisch.
Das entstandene finanzielle Defizit solle, so wurde gesagt, die Gemeinde
Moritzburg ausgleichen. Das nutzen CDUler und AfDler nun, um zu blockieren.
Denn der parteilose, aber SPD-nahe Bürgermeister Jörg Hänisch, der die
Petition unterstützt, ist auch der Mann der Museumsleiterin. Obwohl er sich
wegen dieser persönlichen Befangenheit zurückgenommen und den Beirat der
privaten Stiftung verlassen hat, seien die Gespräche im Gemeinderat sehr
unschön gewesen. Mit 28 und 25 Prozent haben CDU und AfD dort die absolute
Mehrheit.
Die Leiterin des Kollwitz-Hauses sei darüber entsetzt gewesen, wie viele
Gemeinderatsmitglieder weder über Zugang, noch Verständnis für die
Künstlerin verfügen: „Je mehr ich versucht habe, zu erklären, wie
bedeutungsvoll Kollwitz ist, desto mehr haben sie gesagt: Wenn sie so
bedeutsam ist, warum sollen wir als kleine Gemeinde zahlen?“
Jörg Hänisch hat sich jetzt an das Land gewandt. Letzte Woche hat er mit
dem Dresdner Kulturministerium verhandelt, nun liegt die Frage nach der
weiteren Finanzierung bei den Landtagsabgeordneten.
Die Museumsleitung hofft weiter. „Wenn wir auf die Kunst verzichten, was
bleibt denn dann noch?“ Das Museum kann ab kommendem Dienstag vorerst
wieder öffnen. Lena Walbrunn
13 Mar 2021
## AUTOREN
Lena Walbrunn
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