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# taz.de -- Freies Grollen und Brüllen
> Lose rhythmisierte Klanggebilde und rauskrakeelte Textfragmente zwischen
> Post Industrial und Free Jazz: Ankk L ist der neue Ableger des Bremer
> Musikaktionsensembles Klank
Von York Schaefer
Text, den man womöglich sogar verstehen kann und rhythmische Strukturen,
die womöglich in einen geradlinigen Beat münden: In manchen Kreisen
improvisierter und Neuer Musik gelten derartige fixierte Strukturen als
Unding. Bei Ankk L, der jüngsten Inkarnation des Bremer
Musikaktionsensembles Klank, scheren sich die vier Protagonisten wenig bis
gar nicht um solche Tabus. „Wir hatten alle Lust, mal so etwas wie Post
Industrial zu machen“, verrät Instrumentalist und Komponist Christoph
Ogiermann während eines Kurzinterviews in seinem Atelier im Bremer Viertel,
wo die erste Platte der neuen „Band“ im vergangenen Jahr eingespielt wurde.
Die fünf Stücke darauf sind geprägt von einem sich träge dahinschleppenden
Beat, dunklen Drones, entrückten Chören und rauskrakeelten Textfragmenten,
dabei lose strukturiert durch perkussive Schläge und harsche Riffe. Als
Fundament dient ein tief grollender Bass, der mehr magmaartig fließt als
rhythmische Punkte setzt. Verwendet wurde dafür das klassische, verstärkte
Rock-Instrumentarium: Markus Markowski an Gitarre und Perkussion, Reinhart
Hammerschmidt am E-Bass, Tim Schomaker spielt Schlagzeug, Christoph
Ogiermann bedient die Keyboards und gibt der Formation als selbsternannter
„Brüllonkel“ eine Stimme.
## Komplett frei improvisiert
Entstanden ist so ein Sound, der grell aufflackert oder dunkel glimmt und
sich zu einem „bedingt geradlinig rhythmisierten Gebilde voller Schrunden,
Klüfte und wechselseitiger Anbockungen“ der Musiker zusammenfügt, wie es
die Band selbst formuliert. Der Opener „Braunschweig“ ist das
vergleichsweise „eingängigste“ Stück, ausgestattet mit einem sperrigen
Groove, der schon etwas an alte Industrial-Heroen wie Throbbing Gristle
erinnert.
So ganz haben Ankk L ihre musikalische Heimat als Klank, deren Forschungen
zwischen Ton, Klang und Geräusch und deren Sinfonien aus
Alltagsgegenständen bei vollem Einsatz des eigenen Körpers, aber dann doch
nicht verlassen. Ihre Musik ist trotz gewisser halbwegs fixierter
Strukturen immer noch Echtzeitmusik mit offenem Ausgang, eine
Materialerkundung zwischen Industrial und Impro, zwischen Noiserock und
Neuer Musik, vielleicht sogar Free Jazz – nur unter anderen Vorzeichen.
„Die Stücke sind komplett frei improvisiert“, sagt Christoph Ogiermann,
„nur bei ‚Goma 2‘ haben wir gesagt, lass’mal flächig spielen.“
Ein kleinster gemeinsamer Nenner also, eine lose formale Absprache, die
eine gewisse Reproduzierbarkeit des längsten, fast über eine gesamte
Plattenseite laufenden Stückes ermöglichen würde. Woran die Band aber wohl
eh nicht interessiert wäre. Zu sehr dürfte auch als Ankk L die Neugier auf
Neues sein, darauf im Prozess der Improvisation auf immer wieder
unbekanntes Sound-Terrain zu stoßen.
Was Klank und Ankk L bei dieser Art des freien Spiels und Zusammenspiels
neben der personellen Besetzung ebenfalls verbindet, ist der Ausschluss von
musikalischen Fehlern. Falsch spielen im herkömmlichen Sinne von Tönen,
Akkordfolgen, Metrik und Harmonien gibt es nicht. Was diese Art von
improvisierter Musik ja oberflächlich betrachtet einfacher macht und mehr
Freiheiten für die Individuen ermöglicht.
Was aber eben auch mehr bewusste und aufmerksame Interaktion als Band und
musikalische Gemeinschaft erfordert, um eine derartige Dichte und Spannung
wie bei Ankk L zu erzeugen.
Ankk L: Die Platte kann für 10 Euro inkl. Versand bestellt werden per Mail
an [email protected]
13 Feb 2021
## AUTOREN
York Schaefer
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