# taz.de -- heute in bremen: „Alles hat zu, aber die Haare sind schön“ | |
Interview Sophie Lahusen | |
taz: Frau Langeworth, Sie dürfen als Friseurin bald wieder aufmachen. Freut | |
Sie das nicht? | |
Sabine Langeworth: Natürlich freue ich mich auf den 1. März, wir können | |
endlich wieder loslegen. Aber was ich mir wirklich wünsche und was wir mit | |
der Aktion deutlich machen wollen ist: Solidarität. Wir können als Friseure | |
weitermachen, aber wir sind nichts ohne den Rest der Geschäfte. Laut einer | |
Statistik sind 41 Prozent der Geschäfte von der Insolvenz betroffen. Ich | |
möchte hier am Ende nicht alleine arbeiten und neben mir nur Leerstand und | |
Wohnungen. Viele Kunden und Kundinnen kommen auch von weiter weg ins | |
Viertel und gehen danach in die Geschäfte links und rechts, das ist eine | |
Win-win-Situation für alle. | |
Laut der Erklärung der Regierung geht es bei Friseurbesuchen auch um | |
„Hygiene und Würde“. Was halten Sie von der Begründung? | |
Das ist ein Quantensprung von unserer Stellung in der Gesellschaft. Da | |
fragt man sich, was wir besser machen als eine Kosmetikerin oder der | |
Einzelhandel, da gibt es für mich keine Erklärung. Deswegen sage ich, wenn | |
wir aufmachen, müssen alle aufmachen. Alles hat zu, aber die Haare sind | |
schön – das verstehe ich nicht. | |
Ihre Aktion wurde vor allem von Frauen ins Leben gerufen. Wie kommt das? | |
Wenn man das Viertel rauf und runter geht, sind es vor allem Frauen, die | |
sich in die Selbstständigkeit gewagt haben. Nicht, weil sie als Hausfrauen | |
und Mütter einem Hobby nachgehen wollen, sondern weil sie mit Herzblut eine | |
Geschäftsidee hochziehen. Das bedeutet ein großes Risiko. Das ist kein | |
bloßer Zeitvertreib. Wir schaffen Arbeits- und Ausbildungsplätze und jetzt | |
wird vielen die Existenzgrundlage genommen. | |
Was möchten Sie mit der Aktion erreichen? | |
Es geht vor allem um eine schnelle und unbürokratische Hilfe. Die aktuellen | |
Hilfsprogramme sind unglaublich kompliziert und können nur von unseren | |
Steuerbüros bearbeitet werden. Das dauert eine ganze Weile, bis man das | |
Geld hat und es geht auch nur um 90 Prozent der Fixkosten. | |
UnternehmerInnenlohn, Krankenkassenbeiträge und Lebenshaltungskosten sind | |
da nicht eingerechnet. Viele Frauen sind von Altersarmut betroffen und es | |
ist sowieso schon schwer, sich als Kleinstunternehmerin eine vernünftige | |
Altersvorsoge aufzubauen, und jetzt muss man an die Rücklagen. Wir fordern | |
eine klare Strategie zur Wiedereröffnung. Wir kennen unsere Kundschaft gut | |
und können so ein gutes Hygienekonzept garantieren. | |
19 Feb 2021 | |
## AUTOREN | |
Sophie Lahusen | |
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