# taz.de -- „Faschistoide Sprache arbeitet auch mit Bildern“ | |
Interview: Alina Fischer | |
taz: Was macht politische Poesie aus, Herr Pfleiderer? | |
Eberhard Pfleiderer: Es geht nicht so sehr um die Schönheit der Worte und | |
die absolute Ästhetik des Bildes. Sie ist sehr auf die politische Gegenwart | |
bezogen und hat einen stärkeren Bezug dazu, was in der Wirklichkeit | |
abläuft. Gefühle gibt es auch, sie sind aber nicht vorherrschend. Meine | |
Texte entstehen ausgehend von einer Meldung in den Medien. | |
Sie thematisieren in Ihrem Werk eine „Lyrik faschistoider Sprache“ – was | |
ist das? | |
Wie jede Sprache arbeitet auch die faschistoide Sprache mit vielen Bildern | |
und ist deswegen auch lyrisch. Auch sie legt Wert darauf, nicht nur | |
abgedroschene Bilder zu verwenden. Ohne es zu wollen, macht sie hässliche | |
Lyrik sichtbar. | |
Können Sie ein Beispiel nennen? | |
In einem Text aus der Nordseezeitung von August 2018 ging es um eine | |
Pegida-Demo und der Innenminister wollte mit denen reden, was natürlich | |
völliger Unsinn war. Er wurde als Volksverräter niedergeschrien, niemand | |
wollte reden. Aus so einer schlichten Meldung entsteht dann mein Text. | |
Dieser hier klingt dann so: „Wir müssen miteinander reden, sagte der | |
Minister des Innern, zu den ,Volksverräter Volksverräter‘, Brüllenden.“ … | |
Text heißt „Zwangst“. Es war eine zwanghafte Situation, weil er seiner | |
politischen Auffassung folgte, mit denen reden zu müssen, aber er hatte | |
bestimmt auch Schiss. | |
Der wurde dann auch zum Titel des Lyrikbandes. | |
Ja, ich habe ganz lange gesucht. Der Titel kam erst ganz zum Schluss, als | |
mir nichts mehr einfiel. Es hieß mal „Lyrik der Einbräunung“, aber da | |
sagten mir Leute dann, dass man das auch völlig anders verstehen könne. | |
Welche Funktion haben die Bilder in Ihrem Lyrikband? | |
Eine große, aber keine illustrierende. Sie wollen den Text nicht | |
interpretieren. Meine Bilder entstehen spontan und sehr schnell. Eigentlich | |
male ich gerne farbenprächtig. Ein großes Problem war, wie ich das Braun da | |
jetzt reinkriege. Ich habe mich sehr schwergetan und bin dann auf die Idee | |
mit dem Einbräunen gekommen. Ich habe braune Farbe auf die farbenprächtigen | |
Bilder draufgehauen und sie sozusagen zerstört. Die Bilder habe ich dann | |
den Texten zugeordnet, wie es mir logisch erschien. | |
Wie wollen Sie ihr ursprüngliches Ausstellungskonzept ins Online-Format | |
übertragen? | |
Die Ausstellung war eigentlich schon lange fertig. Es gibt die | |
Ausstellungsbilder und der zugehörige Text wird dazu geklebt. Nun nehme ich | |
das einfach mit, lese den Text vor, zeige die Bilder in die Kamera und sage | |
dann auch was dazu. | |
Ist das Ihre erste Online-Lesung? | |
Ja, da bin ich nicht selbst drauf gekommen. Mein Verlag hat das | |
vorgeschlagen. Ich dachte mir, warum nicht. Es wird auch ein Gespräch mit | |
Majid Mohit vom Verlag geben und eine Freundin, die aktiv in der | |
antifaschistischen Arbeit ist, wird einige Lieder singen. | |
21 Jan 2021 | |
## AUTOREN | |
Alina Fischer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |